Lahmheit beim Pferd

Lahmheit beim Pferd

Pferd auf der Wiese
Je nachdem, wie stark die Lahmheit beim Pferd ausgeprägt ist, unterscheidet man vier Grade. Foto: vetproduction

Definition:

Was ist eine Lahmheit beim Pferd?

Bei einer Lahmheit kann das Pferd die Beine nicht normal bewegen – der Bewegungsablauf ist gestört. Das Pferd entlastet ein Bein oder mehrere Beine und fällt verstärkt auf die anderen Beine. Auch die Schrittlänge kann verändert sein. Eine Lahmheit ist auf Krankheiten der Beine oder auf Schmerzen zurückzuführen und wird auch als Hinken bezeichnet.

Tierärztinnen und Tierärzte unterscheiden eine Stützbein-Lahmheit von einer Hangbein-Lahmheit. Die beiden Formen treten auch zusammen auf.

  • Bei der Stützbein-Lahmheit ist die Phase der Belastung gestört: Das Pferd versucht, möglichst kurz Gewicht auf das Bein zu lagern. Oftmals hat es bei der Fußung Schmerzen.
  • Bei der Hangbein-Lahmheit ist die Vorführphase des Beins verändert. Häufig ist die Schrittlänge kürzer als normal.

Ist ein Bein verletzt und das Pferd lahmt, so belastet es die anderen Beine automatisch stärker. So kann an den anderen Beinen durch eine Überbelastung zusätzlich eine Lahmheit auftreten.

Die Ursachen für eine Lahmheit beim Pferd sind vielfältig: So rufen unter anderem Verletzungen, Brüche, Verstauchungen, Entzündungen, Erkrankungen der Nerven oder der Muskeln eine Lahmheit hervor.

Ursachen:

Was sind die Ursachen einer Lahmheit beim Pferd?

Bei einer Lahmheit ist die normale Bewegung des Pferdes gestört. Die Ursachen für eine Lahmheit sind sehr vielfältig. Prinzipiell sind Schmerzen, mechanische Hindernisse oder Lähmungen für eine Lahmheit verantwortlich.

Unter anderem führen folgende Erkrankungen zu einer Lahmheit beim Pferd:

 Symptome:

Wie äußert sich eine Lahmheit beim Pferd?

Bei einer Lahmheit ist der normale Bewegungsablauf des Pferdes gestört. Das Pferd belastet die Beine nicht gleichmäßig, sondern verteilt das Gewicht auf die gesunden Beine.

Neben der Entlastung (Stützbein-Lahmheit) kann auch die Vorführung der Beine gestört sein (Hangbein-Lahmheit). Die Lahmheit kann sehr stark ausgeprägt sein oder nur unter starker Belastung überhaupt sichtbar sein.

Tierärztinnen und Tierärzte unterscheiden vier Grade der Lahmheit beim Pferd – je nachdem, wie stark sie ausgeprägt ist:

  • 1. Grad: Undeutliche Lahmheit, nur im Trab erkennbar
  • 2. Grad: Die Lahmheit ist schon im Schritt erkennbar.
  • 3. Grad: Die Lahmheit ist im Schritt und Trab deutlich erkennbar, das Pferd hebt Kopf und Hals bei Schmerzen in den Vorderbeinen an.
  • 4. Grad: Das Pferd belastet die Gliedmaße nicht. Es versucht, das Bein komplett zu entlasten.

 Diagnose:

Wie wird eine Lahmheit beim Pferd diagnostiziert?

Um eine Lahmheit beim Pferd zu diagnostizieren, untersuchen Tierärztinnen und Tierärzte das Pferd gründlich. Zunächst erfragen sie einige Details zu den Beschwerden und zum Pferd selbst. Danach führen sie eine Allgemeinuntersuchung durch, tasten Rücken und Beine ab und prüfen die Pulsation: Im Falle einer Entzündung ist der Puls an den Beinen verstärkt fühlbar.

Die Tierärztin bzw. der Tierarzt beurteilt das Pferd im Stand und in der Bewegung. Bei der Gangbeurteilung (Ganganalyse) lässt sie bzw. er das Pferd in verschiedenen Gangarten vorführen, eventuell sogar vorreiten oder longieren. Verschiedene Bodenbeläge sind sinnvoll, beispielsweise Sand oder Beton, um eine dezente Lahmheit beim Pferd deutlicher zu machen. Schließlich werden die Beine und Gelenke des Pferdes einzeln abgetastet und geprüft, ob sich an den Hufen durch eine Huf-Untersuchungszange eine Schmerzreaktion hervorrufen lässt.

Durch sogenannte Provokationsproben lässt sich leichte Lahmheit beim Pferd verstärken und besser beurteilen. Bei der Beugeprobe beispielsweise beugt die Tierärztin oder der Tierarzt das Bein des Pferdes ein bis eineinhalb Minuten an und lässt das Pferd direkt im Anschluss vortraben. Eine vorher schwache Lahmheit wird verstärkt und die Lahmheit lässt sich besser beurteilen. Ziel der Untersuchungen ist es, die Stelle auszumachen, die zur Lahmheit und zu den Schmerzen führt.

Mittels sogenannter diagnostischer Injektionen lässt sich durch örtliche Betäubung genau der schmerzhafte Bereich des Beins ausmachen. Hierfür bekommt das Pferd ein örtliches Betäubungsmittel an bestimmte Nerven der Gliedmaße gespritzt. Ist die schmerzhafte Stelle durch die Injektion betäubt, lahmt das Pferd weniger und man weiß nun, welche Struktur die Ursache für die Schmerzen ist. Auch lässt sich feststellen, ob mehrere Stellen gleichzeitig für die Lahmheit verantwortlich sind.

Bei Gelenkerkrankungen (z.B. einer Arthritis beim Pferd) entnimmt die Tierärztin oder der Tierarzt dem Pferd Gelenkflüssigkeit (Synovia) und lässt sie im Labor untersuchen. Um die inneren Gelenkstrukturen zu beurteilen, sind Röntgen-Untersuchungen der Beine sowie ggf. eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) sinnvoll.

Auch eine Computertomografie oder Magnet-Resonanz-Tomografie kann zur weiteren Diagnose einer Lahmheit beim Pferd hilfreich sein. Einige Spezialkliniken führen zur Diagnose einer Lahmheit Szintigrafien beim Pferd durch.

Behandlung:

Wie kann eine Lahmheit beim Pferd behandelt werden?

Eine Lahmheit beim Pferd wird abhängig von ihrer Ursache behandelt. Oftmals erhält das Pferd Medikamente, die entzündungshemmend und schmerzlindernd wirken, zum Beispiel Kortison, Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID) und Dimethyl-Sulfoxid (DMSO). Je nach Erkrankung sind die Ruhighaltung des Pferdes und eine gezielte Physiotherapie (Krankengymnastik) hilfreich. Bei Fehlbelastungen oder zur Schonung bekommt das Pferd spezielle Beschläge.

Je nach Befund ist bei einer Lahmheit unter Umständen eine Operation nötig. Bei Gelenkerkrankungen (wie Arthritis oder Arthrose beim Pferd) kann die Tierärztin oder der Tierarzt entweder eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) oder eine offene Gelenkoperation (Arthrotomie) durchführen. Bei lang anhaltenden Schmerzen ist eventuell eine Neurektomie (Durchtrennung von Nerven) sinnvoll.

Prognose:

Wie ist die Prognose einer Lahmheit beim Pferd?

Die Prognose einer Lahmheit beim Pferd hängt von der ursächlichen Erkrankung und der Behandlung ab. Generell ist die Prognose besser, je schwächer die Lahmheit ausgeprägt ist und je früher sie erkannt und behandelt wird.

Vorbeugen:

Wie kann man einer Lahmheit beim Pferd vorbeugen?

Die Ursachen einer Lahmheit beim Pferd sind vielfältig, dementsprechend ist eine Vorbeugung gegen alle Ursachen nur bedingt möglich. Erkrankungen wie Hufrehe oder Arthrose beim Pferd sind teilweise auf Haltungsfehler zurückzuführen. Generell ist es ratsam, Pferde nicht hart und ungleichmäßig zu trainieren, vor allem in jungem Alter. Auch ein guter Beschlag kann Fehlbelastungen vermeiden.

Achten Sie außerdem darauf, dass in der näheren Umgebung Ihres Pferdes keine spitzen und gefährlichen Gegenstände liegen, an denen sich das Tier verletzen könnte. Ansonsten fördert eine pferdegerechte Haltung mit ausreichend Auslauf und einer ausgewogenen Ernährung die Gesundheit des Pferdes und hält die Gelenke und Knochen gesund. Wichtig ist auch, auf ein gutes Gewicht und einen guten Trainingszustand des Pferdes zu achten, um einer Lahmheit vorzubeugen.

Wann zum Tierarzt?

Muss ein Pferd mit einer Lahmheit zum Tierarzt?

Eine Lahmheit beim Pferd ist ein ernst zu nehmendes Symptom, das viele Ursachen haben kann. Somit ist es in jedem Fall ratsam, das Pferd tierärztlich untersuchen zu lassen, um die Erkrankung zu diagnostizieren und frühzeitig zu behandeln.

Weiterführende Informationen

Autor: Dr. med. vet. Iris Kiesewetter
Datum der letzten Aktualisierung: Februar 2022

Quellen:
Fritz, C.: Zivilisationskrankheiten des Pferdes. Thieme, 2020
Daubenmerkl, W.: Tierkrankheiten und ihre Behandlung. Hund, Katze, Pferd, Schwein, Rind. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2019
Brehm, W. et al.: Handbuch Pferdepraxis. Enke, Stuttgart 2016
Wieland, M. et al.: Bewegungsapparat Pferd. Sonntag 2015

Stashak, T.: Adam´s Lahmheiten der Pferde. M. & H. Schaper, Hannover, 2008
Stadler, P.: Vorlesungsunterlagen Pferdekrankheiten: Propädeutik bei orthopädischen Erkrankungen des Pferdes. Klinik für Pferde, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Stand: 2011