Krieg in der Ukraine – wie die Tierschutzorganisation PETA Tieren vor Ort hilft

Krieg in der Ukraine – wie die Tierschutzorganisation PETA Tieren vor Ort hilft

Foto: © PETA

Die Tierschutzorganisation PETA engagiert sich in der Ukraine für die Rettung hilfsbedürftiger Tiere, die durch den Angriff Russlands in eine akute Notsituation geraten sind. Mit welchen Maßnahmen die Organisation hilft und wer die Arbeit vor Ort aktiv unterstützen kann, haben wir Sylvie Bunz von PETA Deutschland e. V. gefragt.

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 befinden sich zahlreiche Menschen und Tiere in der Ukraine in großer Not. Die Tierschutzorganisation PETA setzt sich vor Ort für die Rettung und Versorgung zurückgelassener, verletzter und kranker Tiere ein.

So brachte jüngst etwa die Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Juni viele Menschen und Tiere in akute Lebensgefahr. Zahlreiche Tiere blieben zurück, darunter beispielsweise viele Hündinnen mit ihren Welpen. Auch nachdem das Wasser im überfluteten Gebiet zurückgegangen war, befanden sich Menschen und Tiere weiterhin in großer Gefahr. So drohten beispielsweise jederzeit Explosionen durch angespülte Minen.

Um den Leser*innen auf unseren Fachkreiseportalen Vets online und dem TFA-Portal sowie auf dem Tiermedizinportal für Tierhalter*innen einen Einblick in die Arbeit der Hilfskräfte vor Ort zu gewähren, haben wir ein Interview mit Frau Sylvie Bunz von PETA Deutschland e. V. geführt.

Frau Bunz, welche Hilfe leistet PETA Deutschland in der Ukraine, um den Tieren im Kriegsgebiet zu helfen?

Seit Russland am 24. Februar 2022 den Angriffskrieg auf die Ukraine startete, ist PETA mit seinen Partnerorganisationen im Einsatz, um Tieren und Menschen in Not zu helfen: Wir retten Tiere, leisten dringend benötigte Hilfe und die Teams nehmen vor Ort so viele Notrufe entgegen wie möglich. Innerhalb von kurzer Zeit ist das größte karitative Projekt entstanden, das wir von PETA Deutschland bisher realisiert haben.

Zurückgelassene und teilweise auf sich allein gestellte Tiere sind in riesiger Not, ebenso Tiere aus Sheltern und von Flüchtenden – sie sind auf unsere Hilfe angewiesen. Um die Tiere nicht im Stich zu lassen, führen wir gemeinsam mit lokalen Tierschutzorganisationen verschiedene Hilfsmaßnahmen vor Ort durch – unter Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben. Zudem unterstützen wir lokale Tierschützer*innen und ihre Vereine dabei, den Tieren im Land zu helfen. Darüber hinaus liefern wir große Mengen Tiernahrung in die Ukraine. Wir bauen Partnerprojekte auf – denn zusammen sind wir stark für Tiere!

Abb.1: Die Lieferung von Tiernahrung kam bereits Zehntausenden Tieren zugute. Foto: © PETA

Bisher haben wir als große Eckpunkte der Arbeit das Folgende auf die Beine gestellt:

  • Über 2.500 gerettete Tiere, die nun in Europa in Sicherheit sind und über Partnertierheime und Partnerorganisationen vermittelt wurden.
  • Durch die Zusammenarbeit mit Animal Rescue Kharkiv konnten ca. 11.000 Tiere gerettet werden – neben überwiegend Hunden und Katzen jedoch auch Hühner, Enten, Gänse, Ziegen und andere Tiere.
  • Weiterhin liefern wir monatlich 40 Tonnen Tiernahrung in Gebiete, in denen die größte Not herrscht – insgesamt mehr als 1.400.000 Kilogramm bisher – diese werden von PETA produziert und transportiert und dann über lokale Organisationen und innerhalb des Projektes verteilt. Auch haben wir Nahrung für Pferde und Esel gekauft und in die Ukraine gebracht – mehr als 100 Tonnen. Aktuell versorgen wir eine Gruppe von ca. 40 Pferden bei Charkiw.
  • 1.000 sichere Plätze für Hunde und Katzen in Charkiw.
  • Ein Kastrationsprojekt, durch das alle Tiere im Projekt in Charkiw kastriert wurden und in dessen Rahmen jeden Monat rund 150 weitere Tiere kastriert werden, die gerettet und in das Projekt aufgenommen wurden oder deren Halter*innen sich die Kastration nicht leisten können.
  • Mehrere Fahrzeuge für die Tierrettungen und die Transporte an sichere Orte.
  • Wir haben eine Tierklinik in Charkiw mitfinanziert, in der jeden Tag etwa 100 bis 130 schwer verletzten und sehr kranken Tieren geholfen wird.
  • Wir helfen dabei, die Tiere zu impfen, zu chippen und sie mit den notwendigen Pässen und Papieren für die Ausreise auszustatten: So werden monatlich rund 120 Tiere mit den für die Ausreise nach Europa rechtlich benötigten Titertests und amtlichen Papieren versehen. Diese sind erforderlich, damit sie innerhalb Europas an liebevolle Familien und damit sichere Endstellen vermittelt werden können. Zudem bringt Animal Rescue Kharkiv sehr viele Tiere zu ihren Familien zurück, die sie bei der Flucht nicht sofort mitnehmen konnten – sowohl in sichere Gebiete im Westen der Ukraine als auch nach Europa.

Wir sind weiterhin jeden Tag mit unseren Partner*innen vor Ort in Kontakt, um in der anhaltenden Krise weiter zu helfen: Gemeinsam planen wir strategisch weitere Hilfsaktionen und unterstützen dabei beratend sowie finanziell.

In welchem Zustand sind die Tiere, die aus den Krisengebieten gerettet werden?

Die Tiere sind überwiegend schwer krank: Verletzungen mit Entzündungen jeglicher Art, schwere Knochenbrüche, ausgemergelt und dehydriert, Magen-Darm-Erkrankungen, Ohrentzündungen, Befall mit diversen Parasiten. Es zeigt sich das typische Bild von Hunden und Katzen, die heimatlos sind oder unter harten Bedingungen bei Halter*innen leben oder lebten. Dazu kommen Verletzungen und zusätzliche Krankheitsbilder, die durch den Krieg gezeichnet sind. Ein Großteil der weiblichen Tiere ist tragend bis hochtragend.

Abb. 2 und 3: Viele Tiere sind vom Krieg gezeichnet. Sie sind ausgemergelt, dehydriert und von verschiedenen Verletzungen, Parasiten sowie Krankheiten betroffen. Fotos: © PETA

Können Interessierte in Deutschland Tiere aus dem Kriegsgebiet adoptieren?

PETA vermittelt keine Tiere – unser Partner Animal Rescue Kharkiv hat zahlreiche Partnerschaften mit Tierheimen in ganz Europa, die die Tiere in liebevolle Familien vermitteln. Grundsätzlich sagen wir: Jeder, der sich ein Tier wünscht, möge bitte in die Tierheime gehen oder über anerkannte, seriöse Vereine adoptieren. Denn jedes Tier hat ein schönes Zuhause verdient und die Tierheime sind sehr voll – das ist leider so und jedes adoptierte Tier schafft Platz für ein neues Tier – ganz egal aus welcher Notlage das Tier kommt!

Abb. 4: Nach ihrer Genesung werden die Tiere zu ihren Familien zurückgebracht oder innerhalb Europas an sichere Endstellen vermittelt. Foto: © PETA

Werden Freiwillige für die Hilfe vor Ort gesucht und wer kann sich melden?

Unsere Partner*innen in Charkiw suchen permanent Tierärzt*innen und medizinisches Fachpersonal, das es sich vorstellen kann, für eins bis drei Monate vor Ort mit dem Team zu arbeiten – benötigt wird eine abgeschlossene Ausbildung und bereits Erfahrung mit umfassend kranken Tieren – sehr gerne Erfahrung aus Krisengebieten, im Katastrophenschutz oder bei ähnlichen Einsätzen. Mit Englisch kann man sich mit dem medizinischen Team vor Ort gut verständigen, im Optimalfall sind Kenntnisse in Ukrainisch oder Russisch vorhanden. Es sei ehrlich gesagt, dass die Arbeit sehr hart ist – aber auch sehr abwechslungsreich und ein jeder, der Tieren gerne fachlich helfen möchte, kann dort wirklich Gutes tun – denn jede Hand wird gebraucht. Das Team vor Ort lernt auch sehr gerne moderne Methoden dazu, die hier bereits genutzt werden – vor Ort in der Ukraine vielleicht noch nicht bekannt sind. Ein kleines Gehalt kann gezahlt werden – Kost und Logis werden gestellt. Es wartet ein unglaublich herzliches und engagiertes Team vor Ort, das wirklich 24/7 ALLES für Tiere in Not gibt!

Abb. 5: Das Team in Charkiw sucht permanent Fachpersonal für die ein- bis dreimonatige Mitarbeit vor Ort. Foto: © PETA

Wer sich angesprochen fühlt und gerne vor Ort helfen möchte, kann sich unter folgender
E-Mail-Adresse an PETA Deutschland e. V. wenden: mitgliederbetreuung@peta.de

Welche Aufgaben übernehmen freiwillige Helfer*innen vor Ort?

Das hängt stark davon ab, welche besonderen Qualifikationen und Fähigkeiten die Person mitbringt – welche Erfahrungen sie bereits hat. Es steht vor Ort das volle Spektrum an, um Tieren in Not zu helfen! Chirurg*innen und Expert*innen für innere Medizin haben vor Ort mehr als genug zu tun! Aber auch angrenzende Berufe wie Hunde-Physiotherapeut*innen zum Beispiel würden sehr gerne willkommen geheißen.

Wir danken Frau Sylvie Bunz sehr für dieses Gespräch!

Weitere Informationen

Autorin: Dr. Freya Fuchs, Tierärztin, vetproduction GmbH
Datum: Juli 2023
Quellen:
PETA Deutschland e. V., unter: www.peta.de (Abruf: 07/2023)