Definition:
Was sind Vergiftungen beim Vogel?
Von einer Vergiftung spricht man, wenn ein Vogel eine giftige Substanz zu sich genommen hat und er infolgedessen erkrankt. Wie stark die Beschwerden des Vogels sind, hängt unter anderem von der Art des Gifts und von der aufgenommenen Menge ab. Vergiftungen kommen bei Vögeln häufig vor.
Für Ziervögel sind insbesondere Vergiftungen durch Schwermetalle wie Blei und Zink von Bedeutung. Darüber hinaus verursachen giftige Pflanzen, unverträgliche Nahrungsmittel, Gifte im Futter sowie Chemikalien Vergiftungen beim Vogel.
Vergiftungen müssen tierärztlich behandelt werden, da sie starke und zum Teil lebensbedrohliche Schäden nach sich ziehen können. Akute Vergiftungen mit Schwermetallen haben mit der richtigen Behandlung aber häufig eine gute Prognose.
Ursachen:
Womit vergiften sich Vögel?
Vergiftungen beim Vogel können durch zahlreiche giftige Substanzen ausgelöst werden. Häufig handelt es sich um Schwermetall-Vergiftungen: Vögel knabbern gerne an metallischen Gegenständen in ihrer Umgebung und verschlucken dabei oftmals Blei oder Zink.
- Blei kommt unter anderem in Gardinenschnüren, Plomben, Batterien, Weinflaschen-Verschlüssen, Tiffany-Lampen (Blei als Glasfassung) sowie in bleihaltigen Wandfarben und Keramikglasuren vor.
- Zink nimmt der Vogel meist durch verzinkte Gegenstände, wie zum Beispiel neue Drahtvolieren (Vogelkäfig-Gitter) auf. An neuen verzinkten Drahtvolieren entstehen häufig Tropfnasen, die große Mengen an noch nicht oxidiertem Zink enthalten. Wenn ein Vogel sie abknabbert, kann er sich daran vergiften. Zudem enthalten einige Tränken, Futternäpfe und Wandanstiche Zink.
Auch Pflanzen können Vergiftungen beim Vogel hervorrufen. Für Vögel giftige Pflanzen sind zum Beispiel Farn, Efeu und der Weihnachtsstern. Zudem entstehen schwere Vergiftungen, wenn der Vogel Tabak frisst. Dazu reichen bereits kleinste Mengen aus.
Darüber hinaus kommen einige Nahrungsmittel als Ursache für Vergiftungen beim Vogel infrage. Dazu gehören:
- Avocados
- Koffein
- Schokolade (bzw. das darin enthaltene Theobromin, das auch für Hunde und Katzen giftig ist)
- Knabbergebäck
- Alkoholische Getränke
Auch verdorbenes Vogelfutter kann giftig sein: Befinden sich Giftstoffe wie zum Beispiel Schimmelpilze im Futter des Vogels, besteht durch die enthaltenen Toxine die Gefahr einer Vergiftung.
Zudem kommen Chemikalien als Ursache für Vergiftungen beim Vogel in Betracht. Chemikalien nehmen die Vögel entweder über den Schnabel auf oder sie inhalieren sie (z.B. Desinfektionsmittel oder Rauch).
Vergiftungen beim Vogel werden unter anderem hervorgerufen durch:
- Deodorant
- Putzmittel
- Waschmittel
- Pestizide
Auch Teflon-Dämpfe sind für Vögel sehr giftig. Diese bilden sich, wenn Sie entsprechendes Geschirr ohne Inhalt erhitzen, wie es zum Beispiel beim Anwärmen von Pfannen oder Raclette-Pfännchen der Fall ist.
Symptome:
Was sind typische Vergiftungserscheinungen?
Vergiftungen beim Vogel führen, je nach Art und Menge des aufgenommenen Gifts, zu vielen unterschiedlichen Beschwerden. Wie schnell treten Vergiftungserscheinungen auf? Es lassen sich akute und chronische Vergiftungen beim Vogel unterscheiden. Je nachdem, ob eine Vergiftung akut oder chronisch verläuft, können die Vergiftungserscheinungen sehr schnell oder langsam eintreten. Bei akuten Vergiftungen sind die Beschwerden des Vogels heftiger. Verläuft die Vergiftung hingegen chronisch, sind die Beschwerden schleichend und oft unspezifisch. Bleivergiftungen nach einer Aufnahme von Fremdkörpern verlaufen in der Regel akut. Nimmt der Vogel Blei oder Zink jedoch über Farbpartikel auf, kommt es meist zu einer chronischen Vergiftung.
Vergiftungen mit Schwermetallen wie Blei oder Zink äußern sich häufig durch blutigen oder grünlichen Durchfall sowie grünliche Harnsäure. Zudem geht es Vögeln mit einer Schwermetall-Vergiftung insgesamt sehr schlecht. Sie wirken apathisch und verweigern häufig das Futter. Darüber hinaus kommt es zu Störungen des Zentralen Nervensystems (ZNS). Dazu gehören:
- Bewegungsstörungen
- Schwindel
- Kopfschiefhalten
- Krampfanfälle
- Lähmungen
Einige Vögel müssen infolge der Schwermetall-Vergiftung würgen oder sie erbrechen sich. Auch plötzliche Todesfälle sind möglich. Liegt eine chronische Bleivergiftung beim Vogel vor, kann sich das Gefieder zudem schwarz verfärben. Davon sind insbesondere Graupapageien betroffen.
Hat der Vogel Teflon-Dampf eingeatmet, kommt es zu Atemnot. Darüber hinaus kann der betroffene Vogel sich nicht mehr richtig bewegen und stirbt meist innerhalb weniger Minuten. Andere giftige Substanzen lösen zudem eine Reihe weiterer Beschwerden beim Vogel aus. In der Regel kommt es zu Verdauungsstörungen und Atemproblemen sowie zu Störungen des Nervensystems, der Nieren und der Blutbildung.
Diagnose:
Wie werden Vergiftungen beim Vogel diagnostiziert?
Um eine Vergiftung beim Vogel festzustellen, erkundigen sich Tierärztinnen und Tierärzte zunächst nach den Haltungsbedingungen. Sie fragen zum Beispiel, ob der Vogel unbeaufsichtigt fliegt und welche Gegenstände sich in seiner Umgebung befinden, aus welchem Gitter der Vogelkäfig beschaffen ist und aus welchem Material die Futter- und Wasserbehälter bestehen. Berichten Sie, falls der Vogel mit giftigen Pflanzen oder Lebensmitteln in Kontakt gekommen ist.
Zur weiteren Diagnose einer Vergiftung beim Vogel ist eine Röntgen-Untersuchung hilfreich. Bei akuten Vergiftungen lassen sich Schwermetalle wie Blei oder Zink häufig auf dem Röntgenbild nachweisen. Die Partikel befinden sich hauptsächlich im Kropf und im Muskelmagen des Vogels. Finden sich keine Anzeichen auf eine Vergiftung im Röntgenbild, bedeutet dies jedoch nicht, dass keine Vergiftung beim Vogel vorliegt: Hat der Vogel die Schwermetalle zum Beispiel vor längerer Zeit aufgenommen, so ist es möglich, dass er den Fremdkörper bereits ausgeschieden hat. Blei kann zudem im Muskelmagen zerrieben werden und ist dann auf der Röntgenaufnahme nicht mehr sichtbar. Darüber hinaus ist es möglich, dass die Metallpartikel zu klein sind, um auf dem Röntgenbild dargestellt zu werden. Dies ist zum Beispiel bei Farbe der Fall.
In solchen Fällen und zur Bestätigung einer Vergiftung bei gefundenen Partikeln auf dem Röntgenbild, sind weitere diagnostische Maßnahmen sinnvoll. So lässt sich zum Beispiel die Konzentrationen von Blei und Zink im Blut des Vogels messen. Bei den meisten Papageienvögeln gelten Bleikonzentrationen von über 20 µg/dl als verdächtig. Liegt die Konzentration über 40 µg/dl und zeigt der Vogel entsprechende Symptome, gilt die Diagnose einer Bleivergiftung als bewiesen.
Einige Blei-vergiftete Vögel zeigen jedoch bereits bei niedrigeren Konzentrationen Beschwerden. Die Tierärztin bzw. der Tierarzt beginnt daher beim Verdacht auf eine Vergiftung meist schon vor dem Ergebnis der Blutuntersuchung mit der Behandlung. Eine Zinkvergiftung beim Vogel gilt bei Zinkkonzentration von über 400 µg/dl als nachgewiesen.
Liegt eine Bleivergiftung oder eine durch Pilze hervorgerufene Vergiftung (Mykotoxikose) beim Vogel vor, ist es zudem möglich, dass sich das Blutbild verändert: Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) des Vogels können zum Beispiel zerfallen oder sie werden in zu geringen Mengen gebildet. Auch dies lässt sich mit einer Blutuntersuchung feststellen.
Behandlung:
Wie können Vergiftungen beim Vogel behandelt werden?
Um eine Vergiftung beim Vogel zu behandeln, halten Sie zunächst Ihren Vogel von der Vergiftungsquelle fern beziehungsweise beseitigen Sie diese. Suchen Sie so schnell wie möglich eine Tierarzt-Praxis oder Tierklinik auf! Darüber hinaus leitet die Tierärztin oder der Tierarzt eine Behandlung ein, die darauf abzielt, die schädigende Wirkung des Gifts auf den Körper des Vogels zu bekämpfen und die Ausscheidung des Giftstoffs zu beschleunigen.
Liegt eine Schwermetall-Vergiftung beim Vogel vor, kommen sogenannte Chelatbildner (z.B. DTPA und alternativ auch Ca-EDTA) zum Einsatz. Diese erhält der Vogel über Infusionen. Chelate binden sich chemisch an Schwermetalle wie Blei und Zink und sorgen so dafür, dass diese ausgeschieden werden. Um die Ausscheidung der Giftstoffe zu beschleunigen, erhält der Vogel zudem Bariumsulfat über eine Knopfsonde.
Führt die Behandlung nicht zum gewünschten Erfolg oder sind die Partikel zu groß, müssen sie gegebenenfalls entfernt werden, zum Beispiel im Rahmen einer Endoskopie (Spiegeluntersuchung). Die Endoskopie wird häufig bei Vergiftungen durch zinkhaltige Partikel wie Drahtstücke angewendet.
Darüber hinaus bekommt der Vogel bei einer Vergiftung mehrmals täglich eine Elektrolytlösung über Infusionen. Die Flüssigkeit unterstützt die Funktion von Nieren und Leber und beschleunigt die Entgiftung. Auch Vitamine kommen bei der Behandlung von Schwermetall-Vergiftungen zum Einsatz. Dabei handelt es sich insbesondere um Vitamin B und Vitamin E. Ist der Darm des Vogels massiv geschädigt, erhält er gegebenenfalls ein Medikament gegen Bakterien (Antibiotikum) oder ein Mittel gegen Pilzinfektionen (Antimykotikum).
Der Vogel wird bei einer Vergiftung so lange behandelt, bis er keine Beschwerden mehr hat (mindestens jedoch drei Tage) und bis keine Schwermetalle mehr im Röntgenbild sichtbar sind.
Haben nicht Schwermetalle, sondern andere Giftstoffe die Vergiftung beim Vogel verursacht und gibt es kein Gegengift, erfolgt eine unspezifische Behandlung. Diese richtet sich nicht gezielt gegen die Erkrankung beziehungsweise gegen den Giftstoff, sondern es steht die allgemeine Stärkung des Vogels im Vordergrund. Gleichzeitig behandelt der Tierarzt die Beschwerden, die der Vogel zeigt. Um die Ausscheidung zu fördern und somit die Entgiftung zu beschleunigen, kommt zum Beispiel Aktivkohle (medizinische Kohle) zum Einsatz. Nimmt der Vogel keine Nahrung mehr zu sich, erfolgt gegebenenfalls eine Zwangsfütterung.
Prognose:
Wie ist die Prognose von Vergiftungen beim Vogel?
Bei akuten Schwermetall-Vergiftungen ist die Prognose des Vogels bei rechtzeitiger Therapie in der Regel gut. Häufig geht es dem Vogel innerhalb weniger Stunden nach der Behandlung wieder besser. Inwieweit Vergiftungen die Organe der Vogels schädigen und somit zu Spätfolgen führen, ist jedoch unklar.
Hat der Vogel starke Beschwerden oder liegt eine chronische Vergiftung vor, verschlechtert sich die Prognose. Darüber hinaus spielt es für die Prognose eine Rolle, wie viel Gift der Vogel aufgenommen hat und um welches Gift es sich handelt. Vögel, die zum Beispiel Teflon-Dämpfe eingeatmet haben, sterben meist innerhalb weniger Minuten.
Vorbeugen:
Wie kann man Vergiftungen beim Vogel vorbeugen?
Um Vergiftungen vorzubeugen, sorgen Sie dafür, dass Ihr Vogel nicht mit Giftstoffen in Kontakt kommt. Dies beginnt bereits beim Vogelkäfig: Verzinkte Drahtvolieren sollten Sie zum Beispiel erst dann verwenden, wenn das Zink oxidiert ist. Dies lässt sich beschleunigen, indem Sie die Gitter mit einer Essiglösung abwaschen.
Hält sich der Vogel auch außerhalb seines Käfigs auf, empfiehlt es sich, sämtliche verzinkte und bleihaltige Gegenstände aus seinem Umfeld zu entfernen. So verhindern Sie, dass er während seines Freiflugs unbemerkt Blei oder Zink aufnimmt. Auch giftige Pflanzen, für Vögel giftige Nahrungsmittel und Chemikalien sollten dem Vogel nicht zugänglich sein.
Beim Aufwärmen von Pfannen darf sich der Vogel nicht in unmittelbarer Nähe aufhalten, da ansonsten die Gefahr besteht, dass er Teflon-Dämpfe einatmet. Zudem ist es ratsam, Tabak (Zigaretten, Zigarren, Drehtabak, Schnupftabak etc.) nicht offen auf dem Tisch liegen zu lassen, da dieser zu schweren Vergiftungen beim Vogel führt.
Wann zum Tierarzt?
Muss ein Vogel mit einer Vergiftung zum Tierarzt?
Wenn Sie Vergiftungserscheinungen bei Ihrem Vogel feststellen, suchen Sie umgehend eine Tierärztin oder einen Tierarzt auf. In der Praxis oder Klinik kann der Vogel untersucht und behandelt werden.
Je früher die Vergiftung beim Vogel behandelt wird, desto besser sind die Heilungsaussichten.
Weiterführende Informationen
Autor: Dipl.-Sportwiss. Maren Menyes
Tierärztliche Qualitätssicherung: Dr. med. vet. Michael Koch
Datum der letzten Aktualisierung: Januar 2023
Quellen:
Pschyrembel Online: Intoxikation. Walter de Gruyter (Abruf: Dezember 2022)
Gabrisch, K. et al.: Krankheiten der Heimtiere. Schlütersche, 2014
Kaleta, E.F. et al.: Kompendium der Ziervogelkrankheiten. Schlütersche, Hannover 2011
Pees, M.: Leitsymptome bei Papageien und Sittichen. Enke, 2010