Vermehrtes Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen

Vermehrtes Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen

Untersuchung Kaninchen
Beim vermehrten Wasserlassen untersucht die Tierärztin die Vitalfunktionen des Kaninchens. Foto: vetproduction

Definition:

Was ist vermehrtes Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen?

Vermehrtes Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen bedeutet, dass das Tier mehr Urin als gewöhnlich ausscheidet. Dies kann der Fall sein, wenn das Kaninchen gelegentlich vermehrt trinkt oder größere Mengen wasserhaltige Kost frisst als sonst üblich. Als Folge produzieren die Nieren dann mehr Harn, damit der Wasserhaushalt des Körpers ausgeglichen ist. Vermehrtes Wasserlassen kann jedoch auch ein Hinweis auf eine Erkrankung sein, etwa einen Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder eine Nierenfunktions-Störung. Ob eine krankhafte Polyurie beim Kaninchen vorliegt, lässt sich mit einer Untersuchung durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt klären.

Mit dem Urin scheidet der Körper des Kaninchens über die Nieren Stoffwechselprodukte, sogenannte harnpflichtige Substanzen,) aus. Die Nieren filtern dazu das Blut und produzieren sogenannten Primärharn, den sie weiter zu Urin konzentrieren. Der Urin verlässt die Nieren und gelangt über die Harnleiter in die Harnblase. Das Kaninchen scheidet den Harn über die Harnröhre aus. Unter anderem bestimmen die Trinkmenge, der Stoffwechsel des Kaninchens und bestimmte Hormone darüber, wie viel Harn die Nieren herstellen – und damit auch, wie viel das Kaninchen uriniert.

Bei Kaninchen kann der Urin verschiedene Farben annehmen. Durch große Trinkmengen und folgendes vermehrtes Wasserlassen ist der Urin eher wässrig und hell. Frisst das Kaninchen farbstoffreiche Pflanzen, kann sich der Harn rot färben. Ansonsten ist die Urinfarbe gelb, orange und gelbbraun. Da das Kaninchen gewöhnlich mit dem Harn viel Kalzium ausscheidet, kann der Urin dickflüssig sein. Wie häufig und wie viel das Kaninchen uriniert, ist unterschiedlich und hängt unter anderem auch von der Größe des Tieres ab. Bei vermehrtem Wasserlassen setzt das Kaninchen jedoch auffallend häufig und große Mengen Harn ab.

Ursachen:

Welche Ursachen hat vermehrtes Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen?

Vermehrtes Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen kann verschiedene Ursachen haben. Wie viel Urin ein Kaninchen ausscheidet, hängt in erster Linie von der Trinkmenge ab. Nimmt das Tier viel Wasser auf, scheidet es häufig auch vermehrt Urin aus. Neben Trinkwasser ist auch Frischkost, wie die meisten Obst- und Gemüsesorten, reich an Flüssigkeit (zum Beispiel Salat, Gurke). Eventuell können Einflüsse wie Stress oder harntreibende Stoffe (bestimmte Medikamente oder Pflanzen) vermehrtes Wasserlassen beim Kaninchen auslösen. Darüber hinaus urinieren Kaninchen auch, um ihr Revier zu markieren und Dominanz zu zeigen. Dabei setzen sie jedoch nur geringe Mengen an Harn ab – man spricht hier noch nicht von einer Polyurie.

Vermehrtes Wasserlassen beim Kaninchen kann als Ursachen auch bestimmte Erkrankungen haben. In einigen Fällen verbirgt sich hinter einer krankhaften Polyurie ein Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit). Kaninchen mit Diabetes mellitus trinken auffällig viel (Polydipsie) und scheiden vermehrt Urin aus. Der Körper reagiert damit auf den veränderten Stoffwechsel. Diabetes kann die Folge einer Fettsucht (Adipositas) beim Kaninchen  sein. Ursachen hierfür und damit indirekt auch von der Polyurie beim Kaninchen sind Fehler beim Füttern (faserarme Ernährung) und mangelnde Bewegung.

Vermehrtes Wasserlassen beim Kaninchen kann außerdem auf unterschiedliche Nierenerkrankungen zurückgehen. Dabei ist oftmals die Nierenfunktion eingeschränkt (Niereninsuffizienz) – die Nieren können den Harn dann unter anderem nicht ausreichend konzentrieren. Als Folge scheidet das Kaninchen größere Mengen dünnflüssigen Urin aus. Auch eine Kortison-Therapie ist eine mögliche Ursache von vermehrtem Wasserlassen beim Kaninchen. Kortison dämpft das Abwehrsystem des Tieres – der Tierarzt verschreibt es zum Beispiel bei bestimmten Entzündungen.

Symptome:

Wie äußert sich vermehrtes Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen?

Vermehrtes Wasserlassen (Polyurie) erkennt man als Tierhalterin oder Tierhalter anhand typischer Symptome. Das Kaninchen uriniert häufiger als gewöhnlich. Dabei setzt es wässrigen, fast farblosen Urin in größeren Mengen ab – anders etwa als bei einer Blasenentzündung beim Kaninchen. Bei Harnwegsinfektionen und Harnsteinen ist der Urin im Gegensatz zur Polyurie oft dickflüssig und kräftig bis dunkel gefärbt.

Bemerkt man vermehrtes Wasserlassen bei seinem Kaninchen, ist es wichtig darauf zu achten, ob die Symptome noch längere Zeit bestehen. Ist dies der Fall, steckt meist eine Erkrankung hinter der Polyurie. Dabei kann es sich um Diabetes mellitus oder Nierenprobleme (zum Beispiel eine chronische Niereninsuffizienz) handeln. Betroffene Kaninchen trinken auffällig viel Wasser. Tiere mit Diabetes fressen häufig mehr als üblich (Polyphagie). Wunden heilen bei ihnen meist schlecht ab und es sind Nervenschäden durch den erhöhten Blutzucker möglich.

Symptome einer Nierenerkrankung beim Kaninchen können neben dem vermehrten Trinken und Wasserlassen auch Flankenschmerzen sein. Das Kaninchen zeigt Schmerzreaktionen beim Berühren, knirscht mit den Zähnen und wirkt teilnahmslos.

Diagnose:

Wie wird vermehrtes Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen diagnostiziert?

Beobachtet man vermehrtes Wasserlassen beim Kaninchen über mehrere Tage lang, ist eine tierärztliche Diagnose erforderlich. Dazu erkundigt sich die Tierärztin oder der Tierarzt zunächst beim Kaninchenhalter nach den Symptomen. Unter anderem möchte er wissen:

  • Seit wann das Kaninchen vermehrt Wasser lässt beziehungsweise mehr als üblich trinkt
  • Welche Farbe und Eigenschaften der Urin aufweist
  • Ob das Kaninchen neben vermehrtem Wasserlassen noch weitere Symptome zeigt
  • Wie die Fressgewohnheiten des Tieres sind und woraus seine Ernährung besteht
  • Ob das Kaninchen in der letzten Zeit deutlich zu- oder abgenommen hat
  • Ob das Kaninchen bereits wegen einer Erkrankung in Behandlung war (z.B. Nierenleiden) und ob es Medikamente erhält

Zur weiteren Diagnose bei vermehrtem Wasserlassen beim Kaninchen begutachtet der Tierarzt das Kaninchen. Dabei fällt ihm auf, ob das Kaninchen beispielsweise abgemagert oder verfettet ist und ob es erkennbare Entzündungen aufweist. Der Tierarzt tastet den Bauchraum ab und achtet auf mögliche Schmerzreaktionen des Kaninchens. Anschließend entnimmt er Blut und Urin, und lässt es im Labor untersuchen.

Bei Verdacht auf ein Nieren- oder Blasenleiden wendet der Tierarzt bildgebende Verfahren an (zum Beispiel Ultraschall-Untersuchung, Röntgen-Untersuchung). Vermutet der Tierarzt, dass ein Diabetes mellitus das vermehrte Wasserlassen beim Kaninchen auslöst, sind gegebenenfalls weitere Untersuchungen sinnvoll.

Behandlung:

Wie kann vermehrtes Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen behandelt werden?

Ob vermehrtes Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen eine Behandlung erfordert, kann die Tierärztin bzw. der Tierarzt anhand der jeweiligen Ursache beurteilen. Hat das Kaninchen kurzzeitig größere Mengen Urin abgesetzt und ist es ansonsten gesund, ist oft keine Therapie notwendig. Es empfiehlt sich, darauf zu achten, ob das Kaninchen auch weiterhin größere Mengen trinkt und uriniert.

Geht das vermehrte Wasserlassen beim Kaninchen auf einen Diabetes mellitus zurück, zielt die Behandlung darauf ab, den Blutzucker zu senken. Dazu kann es notwendig sein, dem Tier regelmäßig Insulin zu verabreichen. Auch ist es wichtig, auf eine faserreiche Nahrung beim Kaninchen zu achten und ihm genügend Auslauf zu geben.

Welche Behandlung bei einer Polyurie durch Nierenleiden erforderlich ist, richtet sich nach der jeweiligen Erkrankung. In vielen Fällen sind bestimmte Medikamente (zum Beispiel Schmerzmittel und Antibiotika) und Infusionen sinnvoll.

Prognose:

Wie ist die Prognose von vermehrtem Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen?

Die Prognose von vermehrtem Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen richtet sich nach der jeweiligen Ursache. In vielen Fällen ist kurzzeitig vermehrtes Wasserlassen harmlos. Es tritt dann nur auf, wenn das Kaninchen zum Beispiel größere Mengen wasserreiches Frischfutter gefressen hat. Nierenleiden als Ursache von vermehrtem Wasserlassen beim Kaninchen können eine unterschiedliche Prognose haben. Entscheidend ist, das Kaninchen umgehend von einer Tierärztin oder einem Tierarzt untersuchen und behandeln zu lassen, sobald es Anzeichen einer Krankheit zeigt.

Verursacht Diabetes mellitus das vermehrte Wasserlassen beim Kaninchen, richtet sich die Prognose ebenfalls danach, ob das Tier frühzeitig behandelt wird. Medikamente können den Blutzucker senken; es kann sinnvoll sein, dem Kaninchen nach Anleitung durch die Tierärztin oder den Tierarzt regelmäßig Insulin zu spritzen. Unbehandelt sind Folgeschäden durch den dauerhaft erhöhten Blutzucker möglich, etwa Wundheilungsstörungen sowie Nerven- und Augenschäden. Häufig ist Diabetes die Folge von Übergewicht beim Kaninchen, welches unter anderem zu Gelenkproblemen führen kann. Gelingt es, den Diabetes und das Übergewicht zu behandeln, ist die Prognose gut, Folgeerkrankungen beim Kaninchen zu vermeiden.

Vorbeugen:

Wie kann man vermehrtem Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen vorbeugen?

Vermehrtem Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen lässt sich nur bedingt vorbeugen. Dennoch kann man als Kaninchenhalter seinem Kaninchen gesunde Lebensbedingungen bieten, um das Risiko für Erkrankungen wie Diabetes mellitus gering zu halten. Damit lässt sich indirekt auch einer Polyurie beim Kaninchen vorbeugen.

  • Achten Sie auf eine artgerechte Ernährung Ihres Kaninchens. Geben Sie ihm ausreichend Heu und ergänzend Grünfutter, Frischkost (unter anderem Salat, Möhren, Apfel). Auch braucht das Kaninchen Möglichkeiten zu nagen – etwa an Zweigen von Obstbäumen.
  • Verzichten Sie darauf, Ihrem Kaninchen Leckerli und Snacks mit Zucker und Fett zu geben. Kleine Knäckebrot-Stückchen sind eine gesunde Alternative. Schränken Sie außerdem die Ration von Getreidekost und Futtermischungen ein. In größeren Mengen fördern sie Verdauungsstörungen (wie Magenüberladung, Verstopfung), Zahnkrankheiten, Diabetes mellitus und Fettsucht bei Kaninchen.
  • Sorgen Sie dafür, dass sich Ihr Kaninchen ausreichend bewegt. Bieten Sie ihm regelmäßig Auslauf bzw. Freilauf. So lässt sich Übergewicht, Diabetes mellitus und somit auch einer Polyurie vorbeugen.
  • Gehen Sie mit Ihrem Kaninchen zur Tierärztin oder zum Tierarzt, wenn es Anzeichen einer Krankheit zeigt und/oder sich ungewöhnlich verhält. Darüber hinaus ist es wichtig, die regelmäßigen tierärztlichen Kontrolltermine wahrzunehmen.

Wann zum Tierarzt?

Muss ein Kaninchen mit vermehrtem Wasserlassen (Polyurie) zum Tierarzt?

Vermehrtes Wasserlassen (Polyurie) beim Kaninchen erfordert oftmals einen Tierarzt-Besuch. Kurzzeitiges vermehrtes Wasserlassen kann ungefährlich sein, sofern das Kaninchen gesund wirkt. Meist hat das Kaninchen nur etwas mehr getrunken oder wasserreiche Frischkost gefressen. Uriniert das Tier in den nächsten Tagen nicht häufiger als gewöhnlich, besteht in der Regel kein Grund zur Sorge.

Beobachtet man jedoch, dass das Kaninchen über längere Zeit übermäßig trinkt und vermehrt Harn ausscheidet, ist ein Tierarzt-Besuch notwendig. Auch sollte man nicht zögern, mit dem Kaninchen eine Tierärztin oder einen Tierarzt aufzusuchen, wenn es neben dem vermehrten Wasserlassen noch weitere Symptome (etwa Benommenheit, Schmerzen) zeigt.

Weiterführende Informationen

Autor: Dipl.-Biol. Birgit Hertwig
Tierärztliche Qualitätssicherung: Dr. med. vet. Iris Kiesewetter
Datum der letzten Aktualisierung: Oktober 2021
Quellen:
Baumgärtner, W. Gruber, A.D.: Spezielle Pathologie für die Tiermedizin. Thieme 2020
Ewringmann, A.: Leitsymptome beim Kaninchen. Enke Verlag, Stuttgart 2016
Gabrisch, K.; Zwart, P.: Krankheiten der Heimtiere. Schlütersche, Hannover 2014