Häufige Tumorerkrankungen bei Kaninchen

Häufige Tumorerkrankungen bei Kaninchen

Kaninchen auf der Wiese
Kaninchen können an einer Vielzahl von Tumoren erkranken. Foto: Pixabay.com

Unter einer Neoplasie versteht man allgemein die Neubildung von Gewebe, unter anderem auch die krankhafte Gewebevermehrung im Falle eines Tumors. In diesem Beitrag erhalten Sie eine Übersicht einiger häufig vorkommender Tumorerkrankungen bei Kaninchen.

Kaninchen können an einer Vielzahl von Tumoren erkranken. Während Neoplasien der Hoden, des Harntrakts oder des Nervensystems bei Kaninchen gelegentlich oder selten auftreten, lassen sich andere Tumorerkrankungen häufiger beobachten. Dazu zählen beispielsweise gutartige Gewebewucherungen im Analbereich, sogenannte rektale Papillome. Bei weiblichen Kaninchen treten zum Beispiel Neoplasien der Gebärmutter häufig auf.

Neoplasien der Haut

Bei Kaninchen lassen sich verschiedene Neoplasien der Haut unterscheiden. Dabei kann es sich um gutartige Tumore wie beispielsweise Lipome (Fettgewebsgeschwulste) oder um bösartige Veränderungen, etwa Tumore des Bindegewebes wie ein Fibrosarkom, handeln. Im Rahmen einer Studie stellten sich die Hauttumore untersuchter Kaninchen jedoch in den meisten Fällen als ein sogenanntes Trichoblastom, sprich einen gutartigen Haarfollikeltumor, heraus.

Um herauszufinden, ob es sich bei einer Hautveränderung tatsächlich um einen Tumor handelt, und um die Art des Tumors genau bestimmen zu können, entnimmt die Tierärztin oder der Tierarzt für gewöhnlich eine Zell- oder Gewebeprobe (Biopsie). Statt eines Tumors kann es sich bei einer Hautveränderung beispielsweise auch um einen Abszess (Eiteransammlung), Veränderungen des Gesäuges oder eine Bandwurmzyste handeln. Sofern sich die Veränderung als bösartiger Hauttumor herausstellt, gilt es außerdem zu klären, ob sich an anderen Stellen im Körper Metastasen gebildet haben, also ob der Tumor gestreut hat.

Ein Hauttumor wird in den meisten Fällen chirurgisch entfernt. Inwiefern im Falle bestimmter Tumorarten (etwa die Haut betreffende Lymphome und Melanome) eine Chemotherapie und/oder Strahlentherapie wirksam sind, ist bislang nicht bekannt.

Neoplasien der Gebärmutter

Tumore der Gebärmutter (Uterus) kommen bei weiblichen Kaninchen regelmäßig vor. Meist handelt es sich um bösartige Geschwulste wie Adenokarzinome. Die Inzidenz hierfür liegt verschiedenen Studien zufolge bei weiblichen Kaninchen nach dem dritten Lebensjahr bei bis zu 80 Prozent. Die Erkrankung kann mit Wesensveränderungen wie einem gesteigerten Aggressionsverhalten einhergehen.

Bei Verdacht auf eine Neoplasie des Uterus führt die Tierärztin oder der Tierarzt Röntgen– und Ultraschall-Untersuchungen durch. Hierbei kann sie oder er außerdem feststellen, ob sich bereits Metastasen in anderen Geweben (insbesondere in Lunge und Leber) gebildet haben.

Sind keine Metastasen vorhanden, wird die Entfernung von Eierstöcken und Gebärmutter (Ovariohysterektomie) empfohlen. Je nach Beschwerden findet darüber hinaus eine Behandlung der Symptome statt. Ein Adenokarzinom kann aufplatzen und in die Gebärmutter bluten, wodurch es zu Blutverlust und in dessen Folge möglicherweise zu einer Blutarmut (Anämie) kommt. In solch einem Fall ist gegebenenfalls eine Bluttransfusion nötig.

Tumore des Gesäuges

Gesäuge-Erkrankungen treten bei weiblichen Kaninchen regelmäßig auf. Zu den häufigen Erkrankungen zählen unter anderem Neoplasien (Mamma-Neoplasien), bei denen es sich in den meisten Fällen – wie auch bei den Gebärmuttertumoren – um Adenokarzinome handelt.

Dabei fallen einzelne oder mehrere Gewebeknoten entlang des Gesäuges auf. Um herauszufinden, ob es sich bei der Veränderung tatsächlich um einen Tumor handelt, entnimmt die Tierärztin oder der Tierarzt eine Gewebeprobe. Wenn sich der Verdacht auf einen bösartigen Tumor bestätigt und sich zu diesem Zeitpunkt noch keine Metastasen gebildet haben, empfiehlt sie oder er meist eine Operation, um die Neoplasie chirurgisch zu entfernen.

Darüber hinaus wird auch wie im Falle eines Adenokarzinoms der Gebärmutter zu einer Ovariohysterektomie, also zur Entfernung von Eierstöcken und Gebärmutter, geraten.

Tumore des Verdauungstrakts

Häufig lassen sich bei Kaninchen rektale Gewebewucherungen, sogenannte rektale Papillome, beobachten. Dabei handelt es sich um gutartige Tumore, die durch Papillomaviren hervorgerufen werden. Diese machen sich als Umfangsvermehrung (das heißt, das Gewebe in diesem Bereich wächst) oder Rötung im Analbereich bemerkbar.

Papillome neigen zum Bluten. Ist dies der Fall, lässt sich auf dem Kot betroffener Kaninchen gegebenenfalls frisches Blut nachweisen. Die Papillome können dann chirurgisch entfernt werden. Allerdings kehren diese nach ihrer Entfernung häufig zurück. Papillome, die nicht bluten, müssen hingegen nicht zwingend behandelt werden.

Die Leber zählt zu den Organen des Verdauungstrakts. In ihr lassen sich häufig Metastasen anderer Tumore nachweisen. Im Falle von Neoplasien der Leber ist unter Umständen die Entfernung des betroffenen Leberlappens (Lobektomie) erforderlich.

Tumore des Brustkorbs

Thymome

Thymome sind gutartige Tumore des Thymus – einem sogenannten lymphatischen Organ im Brustkorb, das eine wichtige Rolle für die Reifung des Immunsystems spielt. Thymome kommen häufig vor und sind für bis zu zehn Prozent aller Tumorerkrankungen bei Kaninchen verantwortlich. Sie wachsen meist langsam und selten invasiv (in anderes Gewebe hinein). Auch kommt es selten zur Bildung von Metastasen.

Trotzdem führen Thymome zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung der Tiere: Sie schädigen durch ihr Wachstum die im Brustkorb (Thorax) liegenden Organe wie Herz, Lunge und Gefäße. Symptome treten meist ab einem Alter von etwa sechs Jahren auf, eine genetische Veranlagung in Verbindung mit dem Geschlecht oder der Rasse besteht nicht (keine Prädisposition).

Zu den typischen Symptomen eines Thymoms zählen:

  • Beschleunigte Atmung (Tachypnoe)
  • Atemnot (Dyspnoe)
  • Beidseitig hervortretende Augen (Exophthalmus )
  • Schwäche

Weitere mögliche Symptome sind unter anderem Husten, Appetitlosigkeit (Inappetenz), das Sichtbarwerden des sogenannten dritten Augenlids (Nickhautvorfall), Flüssigkeitsansammlung im Brustkorb (Hydrothorax) und im Herzbeutel (Hydroperikard).

Durch eine Röntgen-Untersuchung lässt sich im Falle eines Thymoms eine Umfangsvermehrung (d.h. ein Wachstum) im Brustkorb feststellen. Allerdings kann die Tierärztin oder der Tierarzt anhand eines Röntgenbilds ein mögliches Thymom nicht von anderen Umfangsvermehrungen im Brustkorb (z.B. Zysten, Schilddrüsentumore) unterscheiden. In solch einem Fall greift sie oder er auf weiterführende Untersuchungsmethoden wie zum Beispiel auf eine Ultraschall– oder Gewebe-Untersuchung zurück.

Leidet das Kaninchen zum Zeitpunkt der Untersuchung bereits unter starker Atemnot, muss es meist eingeschläfert werden. Erfolgt die Diagnose jedoch in einem frühen Krankheitsstadium, kann das Befinden des Kaninchens zum Beispiel mit Medikamenten, die das Herz unterstützen, verbessert werden.

Durch die Verabreichung von Prednisolon kann zudem versucht werden, das Wachstum des Thymoms zu hemmen. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit einer Chemo– oder Strahlentherapie sowie einer vollständigen oder teilweisen operativen Entfernung des Tumors. Ein solcher Eingriff ist jedoch mit einer hohen Sterblichkeitsrate verbunden.

Lungentumore

Primäre Lungentumore kommen bei Kaninchen selten vor. Allerdings können sich aufgrund anderer Tumorerkrankungen (z.B. des Uterus oder des Gesäuges) Metastasen im Lungengewebe bilden. Im Allgemeinen machen sich Lungentumore durch Atemnot (Dyspnoe) bemerkbar.

Die Diagnose erfolgt durch eine Röntgen-Untersuchung. Andere Erkrankungen der Lunge (z.B. Eiter in der Lunge, sogenannte Lungenabszesse) können jedoch zu ähnlichen Symptomen führen und sind entsprechend auszuschließen.

In der Literatur finden sich Hinweise darauf, dass betroffene Kaninchen von der Gabe eines sogenannten Bronchodilatators profitieren können. Dabei handelt es sich um Arzneimittel, welche die Bronchien in den Lungen weiten. Leidet das Kaninchen an einer erkennbaren Atemnot, empfiehlt die Tierärztin oder der Tierarzt in der Regel eine Euthanasie (Einschläfern).

Lymphome beim Kaninchen

Das Lymphom tritt beim Kaninchen als zweithäufigster Tumor auf. Darüber hinaus stellt es die häufigste Tumorerkrankung bei jungen Kaninchen dar. Eine Geschlechts- oder Rasseprädisposition besteht nicht. Lymphome können in mehreren Organen gleichzeitig auftreten. Je nachdem, welche Organe von der Erkrankung betroffen sind, variieren folglich die Symptome.

Zu den möglichen Symptomen zählen unter anderem:

  • Appetitlosigkeit (Inappetenz)
  • Teilnahmslosigkeit (Apathie)
  • Geschwollene Lymphknoten
  • Atemnot (Dyspnoe)
  • Anstieg weißer Blutkörperchen im Blut (Leukozytose)
  • Blutarmut (Anämie)

Von der Erkrankung sind unter anderem Leber, Nieren, Milz und Lunge sowie Lymphknoten und lymphatisches Gewebe im Darm häufig betroffen.

Zur Diagnosefindung stehen Tierärztinnen und Tierärzten verschiedene Untersuchungsmethoden zur Verfügung. Hierzu zählen eine Blutuntersuchung, Röntgen, Ultraschall, histopathologische Untersuchungen sowie die Computertomografie (CT) oder Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT).

Kaninchen, die an einem Lymphom erkrankt sind, versterben zumeist innerhalb kurzer Zeit. Eine spezifische Behandlungsmethode ist bislang nicht bekannt. Im Rahmen der Behandlung kommen eine Bestrahlung und die Gabe von Kortison (z.B. Prednisolon) infrage.

Weiterführende Informationen

Autorin: Dr. vet. Freya Fuchs, Tierärztin, Redaktion vetproduction GmbH
Datum: November 2022
Quellen:
Bundesverband der Veterinärmedizinstudierenden Deutschland e. V.: FAQ – Berufseinstieg Kleintierpraxis: Die 100 häufigsten Fragen – von Experten beantwortet. Enke, Stuttgart 2016
Fehr, M. et al.: Krankheiten der Heimtiere. Schlütersche, Hannover 2015
DocCheck Flexikon: Fibrosarkom (https://flexikon.doccheck.com/de/Fibrosarkom) (Abruf: 11/2021)
Ewringmann, A.: Leitsymptome beim Kaninchen. Enke, Stuttgart 2016
Klopfleisch, R.: Veterinäronkologie kompakt. Springer, Berlin, Heidelberg 2017
Hecht, S.: Röntgendiagnostik in der Kleintierpraxis. Schattauer, Stuttgart 2012
Lumpp, L.: Hilfe, ein Notfall! – Dyspnoemanagement beim Kaninchen. kleintier konkret 2019; 22(S 02): 17-27
Ewringmann, A.: Leitsymptome beim Kaninchen. Enke, Stuttgart 2016
Laboklin GmbH & CO. KG: Heimtiertumore (https://laboklin.com/lu/laboklin-newsletters/details/article/heimtiertumore/) (Abruf: 11/2021)
Schneider, B. et al.: Verhaltensberatung bei kleinen Heimtieren. Schattauer, Stuttgart 2017
Thöle, M. et al.: Chirurgie beim Kleinsäuger. Schlütersche, Hannover 2021
von Bomhard, W. et al.: Cutaneous Neoplasms in Pet Rabbits: A Retrospective Study. Veterinary Pathology. 2007; 44(5):579-588. doi:10.1354/vp.44-5-579