Definition:
Was ist eine Kastration des Hengstes?
Bei einer Kastration entfernt die Tierärztin oder der Tierarzt die beiden Hoden (Keimdrüsen) des Hengstes in einer Operation. Der Hengst ist nach der Kastration unwiderruflich unfruchtbar und kann keine Stuten mehr decken. Einen kastrierten Hengst bezeichnet man als Wallach.
Nicht zu verwechseln ist die Kastration des Hengstes mit der Sterilisation, bei der die Hoden erhalten bleiben. Bei der Sterilisation des Hengstes werden zur Unfruchtbar-Machung nur die Samenleiter durchtrennt. Dieses Verfahren findet besonders bei Hengsten der Kleinpferd-Rassen Anwendung. Im Gegensatz zur häufig durchgeführten Kastration, kommt eine Sterilisation bei Hengsten seltener zum Einsatz.
Durchführung:
Wie wird eine Kastration des Hengstes durchgeführt?
Für die Kastration des Hengstes stehen verschiedene Operations-Methoden zur Verfügung. Die Tierärztin oder der Tierarzt kann die Kastration sowohl am liegenden als auch am stehenden Hengst vornehmen. Außerdem unterscheidet man zwischen der unbedeckten und der bedeckten Kastration.
Bei der unbedeckten Kastration öffnet der Tierarzt alle Schichten des Hodensacks. Dadurch entsteht eine direkte Verbindung zur Bauchhöhle. Führt der Tierarzt die Kastration am liegenden Hengst durch, ist eine Vollnarkose erforderlich. Der Eingriff kann sowohl im Stall als auch in der Tierklinik erfolgen und dauert in der Regel weniger als 60 Minuten. Während der Operation liegt der Hengst auf der Seite.
Nach der Kastration empfiehlt es sich, den Hengst für etwa 24 Stunden im Stall zu halten. Darüber hinaus ist es notwendig, dass Wunde des Hengstes etwa drei bis vier Tage lang tierärztlich kontrolliert wird. In den Tagen darauf ist ausreichende Bewegung sinnvoll, da dadurch Flüssigkeiten aus der Wunde besser abfließen können. Außerdem lassen sich durch die Bewegung gegebenenfalls Ödeme (Flüssigkeits-Ansammlungen im Gewebe) vermeiden. Viele Hengste sind nach der Kastration für einige Zeit noch fruchtbar. Es ist daher ratsam, den Hengst zunächst getrennt von der Stute zu halten.
Die unbedeckte Kastration lässt sich auch durchführen, während der Hengst steht. Dieser Eingriff erfolgt in der Regel im Stall oder auf der Weide. Statt einer Vollnarkose erhält der Hengst ein Beruhigungsmittel (Sedativum) und eine örtliche Betäubung.
Bei der bedeckten Kastration wird der Hodensack nicht vollständig geöffnet: Der sogenannte Scheidenhaut-Fortsatz, der den Hodensack von der Bauchhöhle trennt, bleibt erhalten. Die bedeckte Kastration nehmen Tierärztinnen und Tierärzte sowohl in der Tierklinik als auch im Stall vor. Der Hengst erhält eine Vollnarkose und wird für den Eingriff auf die Seite gelegt.
Anwendungsgebiete:
Wann wird eine Kastration des Hengstes angewandt?
Eine Kastration des Hengstes wird unter anderem durchgeführt, um die Fortpflanzung des Tieres zu verhindern. Voraussetzung dafür ist, dass die Besitzerin oder der Besitzer mit dem Hengst nicht züchten möchte. Oft ist auch das Verhalten des Pferdes ein Grund für die Kastration. Da durch die Entfernung der Hoden kaum noch Geschlechtshormone gebildet werden, wirkt sich dies gegebenenfalls positiv auf das Verhalten des Hengstes aus: Einige kastrierte Hengste werden ruhiger. Ohne Kastration hingegen verhalten sich Hengste häufig sehr temperamentvoll (insbesondere in Gegenwart einer Stute), was die Haltung der Tiere erschwert.
Medizinische Gründe für die Kastration des Hengstes sind unter anderem Hodenkrebs, Hodenhochstand (Kryptorchismus) und Hodenentzündungen. Bei der Wahl der Kastrations-Methode spielt, neben dem Vorliegen von Erkrankungen, auch das Alter des Hengstes eine Rolle. Unbedeckte Kastrationen eignen sich nur für junge Hengste bis zu einem Alter von drei Jahren. Bei älteren Hengsten kommt in der Regel die bedeckte Methode zum Einsatz.
Risiken und Komplikationen:
Welche Risiken birgt eine Kastration des Hengstes?
Bei der Kastration des Hengstes handelt es sich um eine anspruchsvolle Operation. Besonders bedacht werden muss der Aspekt, dass Pferde einem relativ hohen Narkoserisiko unterliegen. Um das Risiko möglichst gering zu halten, werden in der Regel gesunde, junge Hengste kastriert.
Komplikationen wie Wundinfektionen und Nachblutungen treten nach der Kastration des Hengstes häufig auf. Darüber hinaus besteht die Gefahr eines Darmvorfalls. Dieser kommt relativ selten vor, kann aber lebensbedrohlich sein. Meistens kommt ein Darmvorfall bei der unbedeckten Kastration vor.
Jedes Kastrations-Verfahren bietet Vor- und Nachteile, die bei der Wahl der richtigen Methode abzuwägen sind. Kastrationen am stehenden Hengst beispielsweise sind häufig schwerer durchführbar, da die Gefahr besteht, dass der Hengst sich wehrt oder sich hinlegt. Hält der Hengst sich nach der Kastration auf der Weide auf, lässt er sich zudem schlechter überwachen. Dafür unterliegt der Hengst bei der stehenden Kastration nicht den Gefahren einer Vollnarkose. Bei der Kastration im Liegen hingegen ist eine Vollnarkose erforderlich. Außerdem ist es sehr aufwändig, den Hengst für den Eingriff auf die Seite zu legen. Der Vorteil ist, dass der Hengst die Tierärztin oder den Tierarzt während der Operation nicht stören kann.
Vor der Kastration wird der Hengst gründlich tierärztlich untersucht. Sollte einer oder gar beide Hoden nicht abgestiegen sein (Kryptorchide), ist eine aufwändigere Operation notwendig, bei der die Bauchdecke des Pferdes eröffnet wird. Nur so kann die Tierärztin bzw. der Tierarzt den Hoden aus dem Bauchraum entfernen.
Es ist ratsam, sich von der behandelnden Tierärztin oder dem Tierarzt zu den Vor- und Nachteilen der verschiedenen Verfahren zur Kastration des Hengstes beraten zu lassen.
Weiterführende Informationen
Autor: Dipl.-Sportwiss. Maren Menyes
Tierärztliche Qualitätssicherung: Dr. med. vet. Michael Koch
Datum der letzten Aktualisierung: November 2021
Quellen:
Universität Zürich, Tierspital: www.tierspital.uzh.ch (Abruf: November 2021)
Gehlen, H.: Differenzialdiagnosen Innere Medizin beim Pferd. Enke 2017
Brehm, W. et al.: Handbuch Pferdepraxis. Enke, Stuttgart 2016
Ronald, J. R. et al.: Bild-Text-Atlas zur Anatomie und Klinik des Pferdes. Schlütersche, Hannover 2010