Animal Hoarding: Das Problem der Tiersammelsucht

Animal Hoarding: Das Problem der Tiersammelsucht

Hunde
Beim Animal Hoarding werden Tiere “gesammelt”. Foto: Pixabay.com

Animal Hoarding, zu Deutsch Tiersammelsucht oder das Horten von Tieren, ist in letzter Zeit zunehmend in die Medien geraten. In vielen Fernseh-Reportagen, Zeitschriften sowie im Internet werden zum Teil schockierende Bilder von Tiersammelsucht gezeigt.

Unzählige Tiere hausen unter schrecklichen Bedingungen abgemagert im eigenen Kot. Solche Bilder hinterlassen die Frage, warum Menschen Tiere aus falsch verstandener Tierliebe verwahrlosen lassen und quälen. Aber was steckt hinter dem Animal Hoarding?

Was genau ist Animal Hoarding?

Animal Hoarding ist das krankhafte Verhalten eines Menschen, Tiere zu sammeln. Natürlich ist nicht jeder Mensch, der viele Tiere besitzt, von dieser Krankheit betroffen. Hier muss klar abgegrenzt werden, dass eine Tierbesitzerin oder ein Tierbesitzer mit einer Tiersammelsucht es nicht mehr schafft und auch nicht in der Lage ist, die Tiere artgerecht zu halten und zu versorgen.

So sind deutliche Anzeichen des Animal Hoardings, dass zu viele Tiere auf viel zu engem Raum gehalten werden. Die Tiere erhalten oft nicht ausreichendes oder falsches Futter, leben in schlechten hygienischen Verhältnissen und werden tiermedizinisch nicht ausreichend versorgt. Ihr Pflegezustand ist unzureichend, oftmals sind die Tiere nicht geimpft und mit Parasiten befallen. Die Tierhalterin oder der Tierhalter hat meist keinerlei Einsicht und Verständnis dafür, dass die Tiere nicht artgerecht gehalten werden. Am häufigsten sind Hunde und Katzen von Animal Hoarding betroffen.

In den USA wird das Animal Hoarding schon seit längerer Zeit beobachtet und untersucht. Aber auch in Deutschland beschäftigen sich der Deutsche Tierschutzbund, die tiermedizinischen Hochschulen und andere Tierschutzverbände mit diesem Phänomen.

Welche Ursachen hat Animal Hoarding?

Menschen, die krankhaft Tiere sammeln, haben oft zahlreiche Probleme, auch psychischer Natur. Animal Hoarding ist eine Sucht, die Parallelen zu Messi-Syndrom oder zu Zwangserkrankungen erkennen lässt. Bislang konnte jedoch kein einheitliches Krankheitsbild oder eine nachgewiesene Ursache für die Tiersammelsucht festgestellt werden. In Deutschland ist Animal Hoarding noch recht unbekannt und nicht als psychische Störung mit Krankheitswert anerkannt.

Beobachtungen zeigen, dass viele Animal Hoarder zuvor Verletzungen und Krisen in ihrem Umfeld erlebt haben. So können Ereignisse wie eine Scheidung, der Tod eines nahen Menschen oder andere Schicksalsschläge Menschen in die soziale Isolation treiben. Sie verlieren das Vertrauen zu Menschen und wenden sich Tieren zu. Vorwiegend alleinstehende ältere Menschen, darunter häufiger Frauen, entwickeln diese falsch verstandene Tierliebe.

Oft wissen die Animal Hoarder gar nicht mehr, wie viele Tiere sie überhaupt haben. Dabei nimmt die Tierhalterin oder der Tierhalter weiter notleidende oder heimatlose Tiere auf. Die Tiere werden nicht weitervermittelt oder verkauft. Der Animal Hoarder sorgt zudem nicht dafür, dass seine Tiere kastriert werden, oder dass kranke, leidende Tiere eingeschläfert werden. Ein großes Problem ist, dass die Tierhalterinnen und Tierhalter meist kein Bewusstsein dafür haben, dass sie den Tieren nicht helfen, sondern sie quälen und vernachlässigen.

Oft sind Menschen, die Animal Hoarding betreiben, in einer finanziellen Notlage, da sie weder für die Tiere noch für sich genug Geld besitzen, um die mit der Anzahl der Tiere steigenden Kosten zu decken. Die Menschen leben oft selbst in hygienisch unzumutbaren Verhältnissen und schaffen es nicht mehr, in ihrem Lebensumfeld für Ordnung zu sorgen.

Welche Typen von Animal Hoarding gibt es?

Es werden verschiedene Typen von Menschen, die Animal Hoarding betreiben, unterschieden:

  • Der Pflegertyp handelt aus Liebe zu Tieren und hat eine recht enge Beziehung zu seinen Tieren. Die Tiere haben einen sehr hohen Stellenwert bei ihm, oft einen höheren als Menschen. Diese Animal Hoarder leben sehr zurückgezogen und sozial isoliert. Der Pflegertyp sammelt nicht aktiv Tiere, kann aber auch kein Tier ablehnen, wenn es bei ihm abgegeben wird. Er unternimmt nichts dagegen, dass sich die Tiere unkontrolliert vermehren. Dabei wachsen ihm die Probleme über den Kopf. Zum Teil haben diese Tierhalter noch ein wenig Einsicht und leugnen nicht vollständig die Problematik, sind aber oft damit überfordert, etwas dagegen zu unternehmen.
  • Der Rettertyp fühlt sich als Tierschützer, der Tiere befreit. Er glaubt, dass Tiere es nur bei ihm gut haben und sieht dies als persönliche Aufgabe an. Wenn die Tiere dann bei ihm leben, kümmert er sich allerdings nicht weiter um sie. Das Töten von Tieren, auch von schwerstkranken Tieren, lehnt dieser Typ des Animal Hoarders strikt ab. Er verweigert außerdem oft die Zusammenarbeit mit Behörden.
  • Der Züchtertyp hielt ursprünglich Tiere, um sie zu züchten und dann zu verkaufen. Dabei hat er den Überblick verloren oder konnte viele Tiere nicht wie geplant verkaufen. Seine Tiere vermehren sich unkontrolliert. Eine aktive Zucht und den Verkauf von Tieren nimmt dieser Typ des Animal Hoarders nicht mehr vor.

Was bedeutet Animal Hoarding für die Tiere?

Animal Hoarding schadet den Tieren erheblich. Mögliche Auswirkungen der Tiersammelsucht auf die Tiere sind:

  • Unter- und Mangelernährung, kein ausreichendes Angebot an Futter und Wasser
  • Schlechter Pflegezustand der Tiere, z.B. Vernachlässigung der Huf- oder Krallenpflege, schlechte Zähne, Hautkrankheiten
  • Krankheiten des Tieres werden nicht behandelt; der Animal Hoarder lehnt tierärztliche Behandlungen ab oder kann sie sich nicht leisten.
  • Unheilbar kranke, leidende Tiere werden nicht eingeschläfert.
  • Die Tiere leben in unhygienischen Unterkünften oder Weiden, haben keine Rückzugsmöglichkeiten und keinen eigenen Schlafplatz.
  • Parasitenbefall und kein ausreichender Impfschutz; die Tiere von Animal Hoardern erkranken häufiger an Infektionskrankheiten
  • Es kommt zu Rangkämpfen mit Bissverletzungen, da die Tiere ohne Rücksicht auf Rangordnung, Anzahl oder Geschlecht zusammen gehalten werden.
  • Da die Tiere beim Animal Hoarding meist nicht kastriert sind, vermehren sie sich unkontrolliert.
  • Die Tiere zeigen starke Verhaltensauffälligkeiten.

Was kann ich tun, wenn ich den Verdacht auf Animal Hoarding in meiner Umgebung habe?

Wenn Sie in Ihrer Umgebung den Verdacht haben, dass eine Besitzerin oder ein Besitzer zahlreicher Tiere nicht mehr in der Lage ist, sich um seine Tiere zu kümmern, versuchen Sie zunächst, ihr oder ihm Hilfe anzubieten oder zu vermitteln. Falls dies nicht möglich ist, können Sie sich an das örtlich zuständige Veterinäramt oder die Polizei wenden und Ihren Verdacht schildern.

Wenn das Veterinäramt auf einen Fall von Animal Hoarding aufmerksam wird, kann die Behörde verschiedene Konsequenzen durchsetzen. Möglich sind Gespräche, Auflagen für den Tierbesitzer, Beschränkungen der Tieranzahl und zuletzt die Wegnahme der Tiere. Die letzte Möglichkeit ist das Haltungsverbot von Tieren, welches von einem Gericht entschieden wird.

Da es sich beim Animal Hoarding um eine Sucht handelt, benötigen die Tierhalterinnen und Tierhalter professionelle Hilfe. Wenn diese nicht erfolgt oder nicht angenommen wird, beginnt der Kreislauf des Animal Hoardings erneut: Die Betroffenen fangen wieder an, Tiere zu sammeln. Dies ist leider oft der Fall, da die Veterinärämter nur regional zuständig sind. Eine Tierhalterin oder ein Tierhalter kann also trotz Haltungsverbot durch einen Umzug erneut der Kontrolle der Behörden entweichen.

Weiterführende Informationen

Autor: Anja Kleinehanding
Tierärztliche Qualitätssicherung: Pascale Huber (Tierärztin)
Datum der letzten Aktualisierung: Oktober 2021
Quellen:
Deutsches Ärzteblatt: Tiersammelsucht: Krankhafte Tierliebe. https://www.aerzteblatt.de/archiv/66331/Tiersammelsucht-Krankhafte-Tierliebe (Abruf: Oktober 2021)
Deutscher Tierschutzbund: Animal Hoarding.  https://www.tierschutzbund.de/information/hintergrund/heimtiere/animal-hoarding/ (Abruf: Oktober 2021)