Überköten

Überköten

Überköten
Foto: Pixabay.com

Überköten bezeichnet eine unnatürliche Haltung der Vorder- oder Hintergliedmaße beim Tier. Das Tier hält die Pfote (oder den Huf) gebeugt, sodass es mit dem Fußrücken aufsetzt. Überköten gilt als Hinweis auf eine Beeinträchtigung von Nerven, kann aber auch weitere Gründe haben. Je nach Ursache, kann sich die Fehlhaltung zurückbilden oder aber dauerhaft bestehen bleiben.

Was ist die Ursache von Überköten beim Tier?

Die Gliedmaßenfehlstellung kann unterschiedliche Ursachen haben. Oft steckt dahinter eine neurologische Beeinträchtigung. Betrifft das Überköten die Vordergliedmaße, ist der Nerv, der die Streckmuskulatur des Vorderfußwurzelgenkes versorgt, in der Regel betroffen. Dieser Nerv trägt die Bezeichnung Nervus radialis. Tritt das Überköten an der Hintergliedmaße auf, ist meist der Nerv beeinträchtigt, der für die Streckung der Zehen und die Beugung des Sprunggelenks verantwortlich ist (Nervus peronaeus communis). Nerven vermitteln normalweise einen Impuls an die Muskulatur, sodass sich der jeweilige Muskel kontrahiert. Ist ein Nerv geschädigt, zum Beispiel infolge einer Verletzung, kann diese Impulsübermittelung auf den Muskel nicht mehr stattfinden und eine Lähmung ist die Folge.

Verschiedene neurologische Probleme können zum Überköten führen, zum Beispiel:

Seltener können auch internistische Erkrankungen im Zusammenhang mit Fehlstellungen von Gliedmaßen stehen. In diesem Fall besteht die Lähmung, die zum Überköten führt, jedoch nur scheinbar.

Beim Pferd wird eine Fehlstellung der Gliedmaße, die zum Überköten führt auch als Sehnenstelzfuß bezeichnet. Dieser kann angeboren oder erworben sein. Bei der angeborenen Form ist jedoch normalerweise keine Nervenschädigung der Grund, sondern eine Verkürzung der Beugesehnen. Diese kann etwa durch eine ungünstige Lage des Tieres während der Trächtigkeit entstanden sein.

Wie erkennt man das Überköten beim Tier?

Das Überköten ist leicht an der Stellung der Gliedmaße mit dem charakteristischen Aufsetzen des Pfoten- beziehungsweise Zehenrückens zu erkennen. Besteht das Überköten schon längere Zeit, sind zudem zusätzliche Veränderungen erkennbar, zum Beispiel abgewetztes Fell an Zehen- oder Pfotenrücken oder Schürfverletzungen der Haut in diesem Bereich.

Um die Ursache des Überkötens festzustellen, sind meist weitere tierärztliche Untersuchungen erforderlich. Neben einer ausführlichen Erhebung der Krankengeschichte wird die Tierärztin oder der Tierarzt zudem eine neurologische Untersuchung vornehmen. Oftmals schließt sich auch eine bildgebende Untersuchung an (z. B. Röntgenuntersuchung, CT, MRT), unter Umständen auch spezielle Verfahren, mithilfe derer man die Reizleitung- und Übertragung von Nerven messen kann. Vermutet die Tierärztin oder der Tierarzt auch eine innere Erkrankung, wird zudem das Blut des Tieres auf krankhafte Veränderungen hin untersucht.

Welche Behandlung kommt infrage, wenn ein Tier überkötet?

Die Behandlungsmaßnahmen richten sich nach der Ursache des Überkötens. Steht dies im Zusammenhang mit einer Unfallverletzung, werden diese im ersten Schritt versorgt. Bei krankhaften Veränderungen der Wirbelsäule, die zu einer Kompression von Nerven führen, kommt in manchen Fällen auch eine Operation infrage, um die Nerven zu entlasten.

Eine wichtige Maßnahme bei Überköten ist zudem Physiotherapie. Sie zielt zum einen darauf ab, die Regeneration der betroffenen Nerven zu fördern, zum anderen soll sie einer Verkürzung der Sehnen an der jeweiligen Gliedmaße entgegenwirken. Mitunter setzen Tiermediziner*innen auch Medikamente ein, welche die Regeneration von Nerven unterstützen können, zum Beispiel verschiedene B-Vitamine.

Zusätzlich stehen Hilfsmittel, sogenannte Orthesen, zur Verfügung, um die betroffene Gliedmaße in der korrekten Position zu halten. Solche Pfotenschuhe schützen die Pfote vor Verletzungen durch das falsche Aufsetzen und verhindern außerdem, dass sich die Beugesehnen mit der Zeit verkürzen.

Zur Behandlung des Sehnenstelzfußes beim Pferd kommen je nach Ursache Medikamente, eine verbesserte Haltung und Ernährung, Operationen und orthopädische Beschläge in Betracht.

Wie sind die Heilungsaussichten, wenn ein Tier überkötet?

Ob sich das Überköten bei einem Tier wieder vollständig zurückbildet, lässt sich nicht pauschal sagen. Die Prognose hängt vor allem von der Ursache und dem Ausmaß der Nervenschädigung ab. Je geringer diese ausgeprägt ist und je frühzeitiger eine Behandlung erfolgt, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Überköten wieder verschwindet. Bei massivem Nervenschaden oder neurodegenerativen Erkrankungen ist die Wahrscheinlichkeit einer Rückbildung allerdings gering.

Weitere Informationen

Autorin: Pascale Huber, Tierärztin, Redaktionsleitung vetproduction GmbH
Datum: Juni 2023
Quellen:
Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch. 269. Auflage, De Gruyter 2023
Dewey C.W., Da Costa, R.C.: Practical Guide to canine and feline neurology. John Wiley & Sons 2015
Kohn, B., Schwarz, G.: Praktikum der Hundeklinik. 12. Auflage, Thieme 2017