Rachitis beim Vogel

Rachitis beim Vogel

Graupapagei
Bei Graupapageien kommt die Rachitis häufig vor. Foto: Pixabay.com

Definition:

Was ist eine Rachitis beim Vogel?

Die Rachitis ist eine Mineralisierungsstörung der Knochen, die während des Wachstums auftritt. Diese Störung ist keine reine Tierkrankheit und kommt sowohl bei Menschen als auch bei Tieren vor.

Tritt die Knochenerweichung beim Jungtier (oder beim Menschen bei Kindern) auf, spricht man von Rachitis, bei ausgewachsenen Tieren oder erwachsenen Menschen bezeichnet man die Erkrankung als Osteomalazie. Bei Vogel-Handaufzuchten und Graupapageien kommt die Rachitis besonders häufig vor.

Die ungenügende Mineralisierung der Knochen ist meist durch eine falsche Fütterung in der Wachstumsphase bedingt. In der Regel sind ein Vitamin-D-Mangel und/oder ein Kalziummangel die Ursache. Vitamin D und Kalzium spielen im Knochenstoffwechsel eine entscheidende Rolle. Nimmt ein Vogel zu wenig Kalzium und/oder Vitamin D3 mit der Nahrung auf, kann dies zu Rachitis beziehungsweise zu einer Osteomalazie führen.

Auch ein Mangel an natürlicher Sonneneinstrahlung spielt für den Vitamin-D-Mangel eine Rolle: UV-Strahlung aktiviert Vitamin D in der Haut. Fehlt Sonnenlicht langfristig, kann somit ein Vitamin-D-Mangel entstehen.

Vitamine sind Verbindungen, die der Organismus in der Regel nicht selbst bilden kann, sondern mit der Nahrung aufnehmen muss. Vitamin D zählt (wie die Vitamine A, K und E) zu den sogenannten fettlöslichen Vitaminen. Eine ausgewogene Versorgung mit fettlöslichen Vitaminen ist wichtig – ihre Zufuhr muss ausreichend sein. Sie darf aber auch nicht zu hoch sein, denn im Gegensatz zu wasserlöslichen Vitaminen (z.B. Vitamin C oder B-Vitamine), können fettlösliche Vitamine auch überdosiert werden und dann ebenfalls Krankheitssymptome auslösen. Eine Überversorgung mit Vitamin D ist jedoch bei natürlicher Ernährung kaum möglich.

Verletzungen, zum Beispiel Verbiegungen (wie O-Beine, nach innen stehende Füße) und Knochenbrüche (Frakturen), sind typische Folgen einer Rachitis beim Vogel.

Ursachen:

Wie bekommt der Vogel eine Rachitis?

Die Rachitis beim Vogel entsteht meist dadurch, dass das Jungtier zu wenig mit Kalzium (Hypokalzämie) versorgt ist und/oder einen Vitamin-D-Mangel aufweist. Im Körper eines gesunden Vogels werden durch die Einlagerung von Mineralien in verschiedene Gewebe feste Strukturen aufgebaut. Ein fester Knochen entsteht zum Beispiel dadurch, dass Kalzium in den Knochen eingelagert wird. Diesen Vorgang nennt man Mineralisierung.

Nimmt der Vogel zu wenig Kalzium mit der Nahrung auf, kommt es zu einem Kalziummangel (Hypokalzämie). Der Körper des Vogels versucht diesen auszugleichen, indem er Kalzium aus den Knochen mobilisiert. Dadurch werden die Knochen des Vogels demineralisiert (“entkalkt”) und somit weich.

Auch ein Vitamin-D-Mangel kann zu einer Mineralisierungsstörung bis hin zur Rachitis beziehungsweise Osteomalazie beim Vogel führen. Denn Vitamin D3 fördert die Aufnahme von Kalzium aus der Nahrung im Magen-Darm-Trakt und dessen Einlagerung in den Knochen.

Wenn ein Jungtier ausschließlich Körnerfutter (z.B. Sonnenblumenkerne oder Hirse) frisst, kann es zu einem Vitamin-D-Mangel und nachfolgend zu einer Rachitis kommen. Der Grund: Körnerfutter enthält zu wenig Vitamin D3 sowie einen Überschuss an Phosphor im Vergleich zu Kalzium. Das Futter eines Vogels sollte jedoch insgesamt mehr Kalzium als Phosphor aufweisen.

Die häufigste Ursache für einen Vitamin-D-Mangel oder einen Mangel an Kalzium ist eine falsche Fütterung. Andere Ursachen für eine Rachitis sind eine Unterfunktion der Nebenschilddrüse oder eine Nierenerkrankung. Bei einer Unterfunktion der Nebenschilddrüse (Hypoparathyreoidismus) produziert das Organ zu wenig Parathormon. Dieses Hormon spielt eine wesentliche Rolle im Kalziumstoffwechsel und ist für die Bereitstellung von Kalzium zuständig.

Ein typisches Symptom bei einer Rachitis ist, dass die Knochen des Vogels zu weich sind und es deshalb in der Folge zu gravierenden Verbiegungen und Fehlstellungen kommt. Häufig sind die Beine des Vogels von der Rachitis beziehungsweise der Osteomalazie betroffen: Hier entstehen die Fehlstellungen dadurch, dass die zu weichen Knochen das Körpergewicht des Vogels nicht mehr tragen können, somit nachgeben und sich verbiegen.

Vogel-Handaufzuchten sind besonders von dem Symptom einer Fehlstellung der Beine betroffen: Bei Handaufzuchten ist es üblich, ein einzelnes Vogelküken zu isolieren. Das Küken belastet seine Beine meist zu stark, da es durch einen Reflex aufsteht, herumläuft und versucht, seine Geschwister zu finden. Wächst das Vogelküken hingegen in der Nestbox auf, liegt es in engem Kontakt mit den anderen Tieren auf dem Boden und schont seine Beine. Diese Schonung ist wichtig, da die Knochen eines kleinen Vogels während des Wachstums noch nicht ganz ausgehärtet sind. Bei Handaufzuchten ist die Gefahr einer Fehlstellung der Beine somit besonders hoch – insbesondere dann, wenn der jeweilige Vogel gleichzeitig an einem Vitamin-D-Mangel leidet und an einer Rachitis erkrankt ist.

Symptome:

Wie äußert sich eine Rachitis beim Vogel?

Die Rachitis beziehungsweise Osteomalazie beim Vogel äußert sich zunächst in Symptomen wie einem zu weichen Schnabel, zu weichen Krallen und geschwollenen Gelenken. Anschließend verformen sich die langen Röhrenknochen und die Wirbelsäule des Vogels deutlich. Später kann es zu sogenannten Grünholzfrakturen kommen. Eine Grünholzfraktur ist ein Knochenbruch, bei dem die Knochenhaut nicht mit zerreißt, sondern die Bruchstelle teilweise noch umfasst. Dies lässt sich ungefähr mit dem Aussehen des Bruchs eines grünen Astes vergleichen – daher der Name.

Meist treten die durch die Rachitis bedingten Symptome an den Ständern (insbesondere an den Unterschenkel-Knochen) oder an den Flügeln auf. Infolgedessen ist auch eine Lahmheit ein mögliches Symptom der Krankheit. Im Extremfall ist der gesamte Körper des Vogels verformt, und er kann sich nicht mehr richtig bewegen. Von einer Rachitis betroffene Vögel spreizen zudem häufig ihre Beine beim Sitzen. Darüber hinaus sind erkrankte Vögel manchmal im Wachstum etwas zurückgeblieben.

Diagnose:

Wie wird eine Rachitis beim Vogel diagnostiziert?

Zur Diagnose einer Rachitis sieht sich der Tierarzt bzw. die Tierärztin den Vogel im Rahmen einer körperlichen Untersuchung zunächst an. So weisen beispielsweise Symptome wie Fehlstellungen der Beine und Flügel sowie Lahmheiten auf eine Rachitis beim Vogel hin.

Zur Bestätigung des Verdachts ist eine Röntgen-Untersuchung sinnvoll. Auf den Röntgenbildern lässt sich das Ausmaß der Knochenveränderungen eindeutig feststellen. Häufig ist bereits deutlich mehr als nur der vermutete Knochen verbogen. Auch eventuelle Grünholzfrakturen sind auf dem Röntgenbild zu erkennen.

Um der Ursache der Rachitis auf den Grund zu gehen, nimmt der Tierarzt oder die Tierärztin dem Vogel in Einzelfällen Blut ab und untersucht dieses auf mögliche Nierenerkrankungen. Veränderungen der Nebenschilddrüse lassen sich bei Jungvögeln oft nur dann sicher diagnostizieren, wenn sie bereits verstorben sind.

Meist wird die Rachitis jedoch tatsächlich durch eine falsche Fütterung und eine unzureichende Vitamin-D-Versorgung verursacht. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn in einem Bestand mehrere Vögel an Rachitis erkrankt sind.

Behandlung:

Wie kann eine Rachitis beim Vogel behandelt werden?

Für die Therapie einer Rachitis oder Osteomalazie ist es wichtig, deren Ursache zu kennen. Anschließend nimmt der Tierarzt bzw. die Tierärztin die Behandlung der Symptome beziehungsweise der Folgen der Rachitis in den Blick.

Hat die Rachitis zu einer Grünholzfraktur beim Vogel geführt, behandelt der Tierarzt oder die Tierärztin diese zunächst entsprechend konservativ oder operativ. Eine operative Therapie von verformten Knochen ist in der Regel jedoch erst dann sinnvoll, wenn der Vogel ausgewachsen ist.

Ein wichtiger Bestandteil der Therapie einer Rachitis beim Vogel ist, die Ernährung umzustellen und einen Vitamin-D-Mangel auszugleichen. Dazu wird das Futter mit Kalzium und Vitamin D angereichert. Zu Beginn der Behandlung verabreicht der Tierarzt oder die Tierärztin dem Vogel darüber hinaus gegebenenfalls Infusionen und/oder Injektionen, die Kalziumglukonat und Vitamin D enthalten.

Sind die Beine des Vogels nur geringfügig verbogen, kann man ein Handtuch über einen Hohlraum spannen und das erkrankte Vogelküken hineinsetzen. Die Beine steckt das Vogelküken durch entsprechende Aussparungen im Stoff. Dadurch hängen die Beine frei in der Luft und werden entlastet.

Bei dieser Behandlung können auch Schienverbände zum Einsatz kommen. Diese unterstützen die richtige Ausrichtung der wachsenden Knochen.

Prognose:

Wie ist die Prognose, wenn der Vogel eine Rachitis hat?

Die Prognose einer Rachitis oder einer Osteomalazie beim Vogel hängt unter anderem davon ab, wie weit die Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose fortgeschritten ist.

Zeigt der erkrankte Vogel bereits Symptome wie Lahmheiten, liegen meist bereits erhebliche Knochenveränderungen vor. In diesem Fall ist es wahrscheinlich, dass der Vogel trotz der Behandlung bleibende Schäden davonträgt und die Krankheit nicht vollständig heilbar ist.

Ist die Rachitis beim Vogel noch nicht so stark ausgeprägt, ist die Prognose besser. Die Knochenveränderungen bleiben jedoch meist lebenslang auf dem Röntgenbild sichtbar.

Eine wichtige Rolle für die Prognose spielt auch das Alter des Vogels, denn bei jüngeren Tieren sind Korrekturen eher möglich. Darüber hinaus haben ruhige Vögel in der Regel bessere Heilungschancen als nervöse.

Sind die Veränderungen durch die Rachitis am Skelett des Vogels besonders stark ausgeprägt, muss eine Euthanasie in Betracht gezogen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn auch der Rumpf betroffen ist.

Vorbeugen:

Wie kann man einer Rachitis beim Vogel vorbeugen?

Um einer Rachitis beim Vogel vorzubeugen, sollte man als Tierhalter bzw. Tierhalterin dafür sorgen, dass die Vogelküken eine ausgewogene Ernährung erhalten. Dabei gilt es vor allem, auf eine Vitamin-D-reiche Kost, genügend Kalzium und Sonnenlicht zu achten, um den Vitamin-D-Bedarf zu decken. Wichtig ist auch das richtige Kalzium-Phosphor-Verhältnis des Futters.

Für Papageienvögel empfiehlt sich zum Beispiel ein Kalzium-Phosphor-Verhältnis von 1,2:1 bis 2:1. Eine reine Körnerfütterung wird diesen Empfehlungen nicht gerecht, da Körnerfutter zu wenig Kalzium und Vitamin D3 und zu viel Phosphor enthält. Daher ist es ratsam, den Vögeln zur Abwechslung auch mal frische Obststückchen wie zum Beispiel Äpfel oder Orangen anzubieten.

Insbesondere bei Handaufzuchten ist es empfehlenswert, sich in der Tierarzt-Praxis genau über die erforderliche Futterzusammensetzung für die jeweiligen Vögel zu informieren.

Dann ist der Tierarzt-Besuch ratsam

Muss ein Vogel mit einer Rachitis tierärztlich vorgestellt werden?

Zeigt ein Vogel die Symptome einer Rachitis oder Osteomalazie, ist es ratsam, umgehend eine Tierarzt-Praxis aufzusuchen. Denn eine Rachitis kann zu erheblichen Knochenveränderungen führen, die dem Vogel Knochenschmerzen bereiten und ihn in seiner Bewegungsfähigkeit und Entwicklung massiv einschränken.

Je früher die Rachitis beim Vogel diagnostiziert und behandelt wird, desto besser sind die Erfolgsaussichten.

Weiterführende Informationen

Autor: Dipl.-Sportwiss. Maren Menyes
Tierärztliche Qualitätssicherung: Dr. med. vet. Michael Koch
Datum der letzten Aktualisierung: April 2022
Quellen:
Pschyrembel Online: Rachitis. Walter de Gruyter (Abruf: April 2022)

Gabrisch, K. et al.: Krankheiten der Heimtiere. Schlütersche, 2014
Kaleta, E.F. et al.: Kompendium der Ziervogelkrankheiten. Schlütersche, Hannover 2011
Pees, M.: Leitsymptome bei Papageien und Sittichen. Enke, 2010