Verstopfung (Obstipation) beim Pferd

Verstopfung (Obstipation) beim Pferd

Pferd wälzt sich
Ein Pferd mit Obstipation zeigt, dass es sich unwohl fühlt. Hier ein gesundes Pferd. Foto: vetproduction

Definition:

Was ist eine Verstopfung (Obstipation) beim Pferd?

Bei einer Verstopfung (medizinisch: Obstipation) sammelt sich Darminhalt an und wird durch den Darm nicht mehr weitertransportiert. Dadurch verschließt sich der Darm teilweise oder vollständig und das Pferd zeigt Symptome einer Kolik.

Eine Verstopfung kann entstehen, wenn das Pferd ungeeignetes Futter aufnimmt, zu wenig Wasser trinkt, unter Zahnfehlstellungen oder Parasiten leidet. Auch wenn der Darm durch Entzündungen, Tumoren oder Abszesse eingeengt ist, führt dies zur Obstipation beim Pferd.

Eine Verstopfung ist im Dünndarm und Dickdarm möglich. Bei einer Verstopfung im Dünndarm treten die Symptome meist auf, kurz nachdem das Pferd gefressen hat. Eine Obstipation im Dickdarm kann chronisch vorkommen, das heißt das Pferd leidet häufiger unter Verstopfungen und Koliken.

Eine Verstopfung beim Pferd ist ein Notfall. Es ist ratsam, schnellstmöglich tierärztliche Hilfe zu holen, um das Pferd zu untersuchen und zu entscheiden, ob eine Operation notwendig ist.

Ursachen:

Was sind die Ursachen einer Verstopfung (Obstipation) beim Pferd?

Eine Verstopfung kann im Dünndarm und Dickdarm auftreten. Mögliche Ursachen für eine Obstipation beim Pferd sind unter anderem:

  • Eine gestörte Darmtätigkeit durch zu wenig Bewegung, Überanstrengung, Darmentzündung (Enteritis), Parasiten, Erkrankung der Nerven und Muskeln des Darms (viszerale Neuropathie, Neuromyopathie)
  • Zahnfehlstellungen oder zu hastiges Fressen führen zu mechanisch schlecht zerkleinertem Futter.
  • Ungeeignetes Futter, zum Beispiel mit viel Sand verunreinigt, überständiges Heu, verdorbene Maissilage, kurz geschnittenes Rasengras oder verholztes Stroh
  • Wassermangel, vor allem wenn die Pferde viel schwitzen
  • Der Darm ist eingeengt, beispielsweise durch einen Tumor, eine Darmentzündung, ein Geschwür (Ulkus), einen Abszess oder ein Divertikel (Ausstülpung der Darmschleimhaut).
  • Würmer bei Pferden wie Spulwürmer (vor allem bei Fohlen oder Absetzern)

Symptome:

Wie äußert sich eine Verstopfung (Obstipation) beim Pferd?

Die Symptome einer Verstopfung sind unterschiedlich stark ausgeprägt. Das Pferd hat meist Bauchschmerzen, es zeigt Symptome einer Kolik. Ein Pferd mit Obstipation zeigt, dass es sich unwohl fühlt, es hört oftmals auf zu fressen und setzt wenig oder gar keinen Kot mehr ab. Die letzten Pferdeäpfel sind oftmals trocken.

Manchmal dreht sich das Pferd zu seinem Bauch um und es legt sich vermehrt. Die Anzeichen einer Verstopfung beim Pferd entwickeln sich entweder langsam und schleichend oder sie treten plötzlich und heftig auf. Oftmals ist das Allgemeinbefinden des Pferdes zunächst noch normal. Im weiteren Verlauf atmet das Pferd schneller und der Puls ist beschleunigt. Die Obstipation belastet den Kreislauf des Pferdes.

Bei einer Dünndarm-Verstopfung setzen die Symptome kurz nach der Futteraufnahme des Pferdes ein. Bei der Blinddarm-Verstopfung treten häufig chronische Formen auf, die Pferde haben öfter Probleme mit Verstopfungen und Koliken. Sie fressen weniger, mager ab, zeigen immer wieder auftretende Koliken, liegen oftmals zu ungewöhnlichen Zeiten und haben weichen Kot, der unangenehm riecht. Dann folgen wieder beschwerdefreie Phasen.

Wie bei jeder Kolik, ist es wichtig, eine Tierärztin oder einen Tierarzt zu Rate zu ziehen. Die Obstipation kann lebensbedrohlich sein und ein schnelles Eingreifen verbessert die Prognose für das Pferd deutlich.

Diagnose:

Wie wird eine Verstopfung (Obstipation) beim Pferd diagnostiziert?

Um eine Verstopfung beim Pferd zu diagnostizieren, sind zunächst ein paar Fragen wichtig:

  • Welche Beschwerden hat das Pferd?
  • Seit wann bestehen sie?
  • Was hat das Pferd gefressen?
  • Sind weitere Tiere erkrankt?
  • Hat das Pferd Vorerkrankungen?

Die Koliken als Symptome der Verstopfung können durch viele verschiedene Erkrankungen ausgelöst werden. Um die Ursache herauszufinden, führen Tierärztinnen und Tierärzte eine gründliche körperliche Untersuchung des Pferdes durch. Hierbei überprüfen sie auch den Kreislauf: Die Pulsfrequenz und die Atemfrequenz zeigen, wie stark die Verstopfung den Kreislauf des Pferdes beeinträchtigt. Anschließend hören sie mit dem Stethoskop den Bauch ab, ob Darmgeräusche zu hören sind.

Eine rektale Untersuchung kann Hinweise auf die Ursache und den Schweregrad der Verstopfung geben. Hierbei führt die Tierärztin oder der Tierarzt die Hand und den Arm in den Enddarm des Pferdes ein, um Anschoppungen, Aufgasungen und die Struktur des Darms zu beurteilen. Auch eine Blutuntersuchung sowie, wenn möglich, eine Kotuntersuchung, sind zur Diagnose der Obstipation sinnvoll.

Ziel dieser Untersuchungen ist es, die Ursache und den Schweregrad der Verstopfung zu bestimmen, um dann entscheiden zu können, ob eine konservative Therapie – das heißt Behandlung mit Medikamenten – genügt, oder ob das Pferd in einer Klinik operiert werden muss.

Behandlung:

Wie kann eine Verstopfung (Obstipation) beim Pferd behandelt werden?

Die Behandlung einer Verstopfung richtet sich danach, wie stark die Symptome ausgeprägt sind und wie stark der Kreislauf des Pferdes beeinträchtigt ist. Auch ist es wichtig, ob die Obstipation den Dünndarm oder den Dickdarm betrifft. Es handelt sich durch die unterschiedliche Anatomie des Darms um zwei verschiedene Erkrankungen, die unterschiedlich behandelt werden.

Eine Dünndarm-Verstopfung beim Pferd erfordert oftmals zunächst schmerzstillende und krampflösende Medikamente (wie Metamizol). In einigen Fällen lässt sich hierdurch die Obstipation lösen. Ist das Pferd bereits stark ausgetrocknet und sein Kreislauf geschwächt, dauert die Verstopfung schon länger an oder zeigt die Therapie mit Medikamenten keine Wirkung, so kann eine Operation nötig sein.

Fohlen erhalten oftmals Infusionen und Medikamente gegen Würmer (Anthelminthika), da eine Dünndarm-Verstopfung häufig durch Spulwürmer ausgelöst wird.

Eine Dickdarm-Verstopfung tritt oft chronisch auf: Das Pferd leidet immer wieder an Koliken. Zum Teil vergehen mehrere Wochen oder Monate zwischen den einzelnen Krankheitsphasen. Tierärztinnen und Tierärzte verabreichen häufig Paraffinöl und Glaubersalze, um die Verstopfung zu lösen. Auch setzen sie krampflösende Medikamente wie Butylscopolamin ein. Bei einer Blinddarm-Verstopfung kann eine Operation des Pferdes erforderlich sein.

Prognose:

Wie ist die Prognose einer Verstopfung (Obstipation) beim Pferd?

Die Prognose einer Verstopfung hängt davon ab, wodurch sie ausgelöst wird, wie lange die Symptome bestehen und wie stark der Kreislauf des Pferdes bereits beeinträchtigt ist. Generell ist die Prognose umso besser, je früher die Verstopfung erkannt und behandelt wird.

Ist eine Operation bei einer Dünndarm-Verstopfung notwendig, so ist die Prognose günstiger, wenn der Eingriff innerhalb der ersten acht Stunden nach dem Krankheitsbeginn stattfindet.

Bei einer Blinddarm-Verstopfung ist die Prognose meist günstig, wenn die Symptome erstmalig auftreten. Eine chronische Verstopfung des Blinddarms beim Pferd ist prognostisch schlechter. Andere Verstopfungen des Dickdarms haben meist eine bessere Prognose bei rechtzeitiger und gezielter Behandlung.

Vorbeugen:

Wie kann man einer Verstopfung (Obstipation) beim Pferd vorbeugen?

Einer Verstopfung lässt sich in vielen Fällen durch eine angemessene Ernährung und eine artgerechte Haltung sowie durch Bewegung vorbeugen. Es ist ratsam, Futter zu vermeiden, das eine Verstopfung beim Pferd begünstigt, beispielsweise verholztes Getreidestroh oder Leguminosen-Stroh, verdorbene Maissailage, kurz geschnittenes Häcksel oder kurzes Rasengras.

Auch zu wenig Wasser fördert eine Verstopfung beim Pferd. Daher sollten regelmäßiges Tränken sowie die ständige Verfügbarkeit von frischem und sauberem Wasser gewährleistet sein.

Zahnfehler beim Pferd können dazu führen, dass das Pferd das Futter nicht artgerecht zerkleinert. Bei Pferden, die dazu neigen, ist eine tierärztliche Kontrolle und Behandlung ratsam. Eine ausreichende Bewegung und wenig Stress führen zu einer gesunden Verdauung. Auch die regelmäßige Entwurmung fördert die Gesundheit des Pferdes.

Wann zum Tierarzt?

Muss ein Pferd mit Verstopfung (Obstipation) zum Tierarzt?

Es ist wichtig, ein Pferd mit Symptomen einer Kolik einer Tierärztin oder einem Tierarzt vorzustellen. Kolik-Symptome sind Zeichen einer Verstopfung (Obstipation) oder anderer Erkrankungen – oftmals sind diese Erkrankungen lebensbedrohlich. Bei einer Verstopfung verbessert eine rasche Therapie (z.B. eine Operation) die Prognose für das Pferd.

Weiterführende Informationen

Autor: Dr. med. vet. Iris Kiesewetter
Datum der letzten Aktualisierung: Februar 2022
Quellen:
Fritz, C.: Zivilisationskrankheiten des Pferdes. Thieme, 2020
Daubenmerkl, W.: Tierkrankheiten und ihre Behandlung. Hund, Katze, Pferd, Schwein, Rind. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2019
Brehm, W. et al.: Handbuch Pferdepraxis. Enke, Stuttgart 2016
Meyer, H.: Pferdefütterung. Enke 2014

Wintzer, H.-J.: Krankheiten des Pferdes: Ein Leitfaden für Studium und Praxis. Parey, Berlin 1999