Hyposensibilisierung (Spezifische Immuntherapie, SIT) bei Tieren

Hyposensibilisierung (Spezifische Immuntherapie, SIT) bei Tieren

Tierarzt mit Spritze
Bei der Hyposensibilisierung bei Tieren spritzt der Tierarzt das Allergen regelmäßig in kleiner Dosierung. Foto: vetproduction

Definition:

Was ist eine Hyposensibilisierung (Spezifische Immuntherapie, SIT) bei Tieren?

Die Hyposensibilisierung bei Tieren, auch Spezifische Immuntherapie (SIT) genannt, ist eine langfristige Behandlungsmethode von Allergien und allergiebedingten Hautkrankheiten. Dabei spritzt eine Tierärztin oder ein Tierarzt dem Tier regelmäßig in kleiner Dosierung diejenigen Allergene (bestimmte Eiweiße), auf die das Tier allergisch reagiert.

Dadurch soll das Immunsystem des Tieres an die eigentlich harmlosen Eiweiße gewöhnt werden und dadurch weniger stark auf sie reagieren. Wie die Hyposensibilisierung bei Tieren genau wirkt, ist bislang nicht bekannt. Bisher weiß man nicht, auf welche Weise die Spezifische Immuntherapie das Abwehrsystem beeinflusst.

Durchführung:

Wie wird eine Hyposensibilisierung  bei Tieren durchgeführt?

Bei der Hyposensibilisierung bei Tieren spritzt eine Tierärztin oder ein Tierarzt das Allergen, auf welches das Tier reagiert, in steigender Dosis. Als Tierbesitzerin oder Tierbesitzer können Sie Ihr Tier auch selbst zu Hause spritzen, nachdem Sie eine Anleitung dazu bekommen haben. Zunächst erhält das Tier die Spritzen in relativ kurzen Abständen, bis die höchstmögliche Menge erreicht ist. Dieser Zeitraum wird bei der Hyposensibilisierung als Steigerungsphase bezeichnet.

In der anschließenden Erhaltungsphase der Spezifischen Immuntherapie wird die Dosis nicht mehr gesteigert und die Spritzabstände werden länger. Das Tier bekommt die Allergene dann nur noch etwa alle vier Wochen verabreicht.

Nach der Spritze ist es wichtig, das Tier noch für mindestens 30 Minuten zu beobachten, um bei möglichen Nebenwirkungen rasch reagieren zu können. Wenn das Tier krank ist, darf es keine Spritzen zur Spezifischen Immuntherapie bekommen, vor allem wenn es Fieber hat.

Das Tier sollte die Spritze zur Hyposensibilisierung nicht direkt vor oder nach dem Fressen sowie vor starker Aktivität bekommen. Spaziergänge und ein Leckerli zur Belohnung nach der Spritze sind aber erlaubt.

Treten während der Hyposensibilisierung Nebenwirkungen beim Tier auf, ist es notwendig, dies der Tierärztin oder dem Tierarzt immer mitzuteilen, bevor das Tier die nächste Spritze erhält. So kann der Tierarzt beurteilen, ob die gewählte Allergen-Dosis möglicherweise zu hoch ist.

Die Allergiebeschwerden bessern sich während einer Hyposensibilisierung bei Tieren in der Regel innerhalb von sechs Monaten. Bei Hunden und Katzen ist die Hyposensibilisierung in etwa 50 bis 80 Prozent der Fälle wirksam. Manchmal bessern sich die Symptome bereits sehr schnell, in anderen Fällen erst nach sechs bis acht Monaten.

Zum Teil ist es sinnvoll, dass die Tierärztin oder der Tierarzt während der Hyposensibilisierung die Allergie-Symptome zusätzlich mit Medikamenten (Antiallergika, z.B. Antihistaminika) behandelt, bis die Therapie wirkt. Sind die Beschwerden nach neun bis zwölf Monaten unverändert, ist die Hyposensibilisierung bei dem Tier nicht wirksam und der Tierarzt beendet die Spezifische Immuntherapie.

Anwendungsgebiete:

Wann wird eine Hyposensibilisierung bei Tieren angewandt?

Eine Hyposensibilisierung bei Tieren wird zur Behandlung von Allergien und allergisch bedingten Hautkrankheiten angewandt, wenn es nicht möglich ist, die auslösenden Allergene zu meiden. Die Spezifische Immuntherapie kommt nur für Tiere infrage, bei denen eine Allergie sicher festgestellt wurde und bei denen genau bekannt ist, worauf sie allergisch reagieren. Zeigt ein Tier bereits seit längerer Zeit Allergie-Symptome und ist es nicht möglich, den Allergie-Auslösern aus dem Weg zu gehen, rät die Tierärztin oder der Tierarzt unter Umständen dazu, eine Hyposensibilisierung beim Tier durchzuführen.

Insbesondere bei Tieren, die nicht auf eine Behandlung der allergischen Beschwerden mit Medikamenten ansprechen, ist die Hyposensibilisierung eine mögliche Alternative. Allerdings bedeutet auch eine erfolgreiche Hyposensibilisierung bei Tieren nicht unbedingt, dass das Tier keine Antiallergika mehr einnehmen muss: Zwar verschwinden die Symptome bei einem Teil der Tiere komplett; bei anderen lassen sich die Beschwerden durch die SIT aber nur lindern und nicht beseitigen. Hier kann es notwendig sein, dass das Tier zusätzliche Medikamente gegen die Allergie einnimmt. Nach einer Hyposensibilisierung benötigen die Tiere aber oft eine geringere Menge an Antiallergika.

Die Hyposensibilisierung wirkt bei Tieren nicht bei allen Arten von Allergien. Ähnlich wie beim Menschen, ist auch bei Tieren nicht sicher bekannt, ob eine Spezifische Immuntherapie bei Kontakt- und Nahrungsmittel-Allergien wirkt. Insbesondere Allergien gegen Unkräuter, Gräser und Bäume lassen sich dagegen oft gut mit einer Hyposensibilisierung bei Tieren behandeln.

Risiken und Komplikationen:

Welche Risiken birgt eine Hyposensibilisierung bei Tieren?

Es ist in der Regel sinnvoll, die Hyposensibilisierung bei Tieren lebenslang durchzuführen, wenn sie wirkt. Deshalb ist die Spezifische Immuntherapie ein relativ teures Behandlungsverfahren. Wird sie unterbrochen, treten die allergischen Beschwerden häufig wieder auf. Eine erneute Hyposensibilisierung beim Tier verläuft dann meistens weniger erfolgreich.

Bei einer Hyposensibilisierung bei Tieren können Nebenwirkungen auftreten. In sehr seltenen Fällen lösen die gespritzten Allergene starke allergische Reaktionen aus. Daher ist es wichtig, dass die Tierärztin oder der Tierarzt die Dosis langsam anpasst und nicht zu große Mengen spritzt. Auch andere Bestandteile der verwendeten Allergenlösung führen manchmal zu Nebenwirkungen. So basieren einige Lösungen zur Hyposensibilisierung auf Phenol, auf das Katzen sehr sensibel reagieren. Bislang sind aber keine Vergiftungsfälle bekannt.

Bei der Hyposensibilisierung treten kurz nach dem Spritzen oft kleinere Rötungen und Schwellungen – oft verbunden mit Juckreiz – um die Einstichstelle auf. Diese sind in der Regel ungefährlich. Sie lassen sich häufig durch das Kühlen der Injektionsstelle oder Medikamente gegen Allergien (z.B. Antihistaminika) lindern. Großflächige Hautreaktionen und Beschwerden, die 24 Stunden oder länger anhalten, sollten allerdings beim Tierarzt abgeklärt werden.

Schwere Nebenwirkungen einer Hyposensibilisierung, bis hin zum allergischen Schock (Anaphylaxie), treten nur sehr selten auf, sollten aber ernstgenommen werden, da sie lebensgefährlich für das Tier sind. Mögliche Anzeichen eines anaphylaktischen Schocks sind neben Ruhelosigkeit auch Durchfall, Erbrechen, Kreislaufstörungen bis hin zum Kreislaufzusammenbruch und Bewusstlosigkeit. Um diese Beschwerden schnellstmöglich zu beheben, findet die Hyposensibilisierung des Tieres immer unter tierärztlicher Aufsicht statt, um rechtzeitig mit Medikamenten eingreifen zu können.

Weiterführende Informationen

Autor: M. Sc. Nadja Graßmeier, Ernährungswissenschaftlerin
Tierärztliche Qualitätssicherung: Dr. med. vet. Michael Koch
Datum der letzten Aktualisierung: Oktober 2021
Quellen:
Baumgärtner, W. Gruber, A.D.: Spezielle Pathologie für die Tiermedizin. Thieme 2020
Kohn, B. Schwarz, G.: Praktikum der Hundeklinik. Enke Verlag 2017
Maddison, J. et al: Vom Symptom zur Diagnose in der Kleintierpraxis. Thieme 2016
Noli, C. et al.: Praktische Dermatologie bei Hund und Katze. Schlütersche, Hannover 2013